Unterwegs

Moskauer Kindergeburtstag

Interessant, worüber man bei einem Moskauer Kindergeburtstag mit Feuerwerk derzeit so redet.

Geburtstagsfeiern in Russland sind ein gut laufendes Geschäft. Vor allem, wenn's um Kinder geht. Nix da mit „so viele Kinder wie das Alter des Geburtstagskindes einladen“, ein wenig Deko, ein selbst gebackener Kuchen, Topfschlagen und die Kleinen sich selbst überlassen. In Russland überlässt man selten etwas den Kindern selbst. Da muss eine große, laute Party her, mit Animation und viel Konfetti. Kaum jemand lässt das Fest daheim steigen. Die Wohnung sei zu klein, man habe keine Lust aufs Vorbereiten und das Chaos danach, sagen die Eltern. Cafés, Museen, Trampolincenter, ach, es gibt kaum eine Einrichtung, die nicht einen Kindergeburtstag ausrichten würde.

Auch beim eigenen Kind flattert eine Einladung ins Haus. Hocherfreut, mit Geschenk in der Hand, steht es dann da – in einem Golfklub. Und ist irritiert. „Wohnt er hier? Warum springen da so riesige Plüschfiguren herum und wollen ständig, dass wir irgendwelche Spiele mit ihnen spielen?“ Die Eltern des Geburtstagskindes hegen keinen Zweifel, in Kriegszeiten ein Riesenfest zu geben. Warum auch, für Russland gibt es ja keinen Krieg, nur die „militärische Spezialoperation“. Und die scheint weit weg. Obwohl sie präsent ist in den Gesprächen. Nicht als Ausdruck an sich, sondern darin, dass fast alle an dem Abend, während ihre Kleinen bespaßt werden, darüber reden, wie sie am besten an westliche Aufenthaltsgenehmigungen und Staatsbürgerschaften kommen oder in welche Schulen sie dort ihre Kinder schicken könnten. Sie haben das Geld, die Möglichkeiten. Und sind still. Und lassen in der Dunkelheit Feuerwerke in den Himmel steigen, die so klingen wie die Bomben im Nachbarland.

aussenpolitik@diepresse.com

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