Klimawandel

Skrupellose Öl-Industrie: Aus den Augen, aus dem Sinn

Ölsuche im Libanon. Die schmutzigen Assets westlicher Konzerne wandern in den Schatten ab.
Ölsuche im Libanon. Die schmutzigen Assets westlicher Konzerne wandern in den Schatten ab.⫻ Xinhua / picturedesk.com
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Big Oil stößt seine schmutzigsten Assets ab. Die Welt hat davon wenig, denn die neuen Eigner holen das Öl noch skrupelloser aus dem Boden.

Die neue Welt der Ölkonzerne ist blitzblank. Fossile Brennstoffe? Damit fahren die Unternehmen zwar Milliardengewinne ein wie selten zuvor, in den PR-Kampagnen ist von dreckigen Ölpumpen und brennendem Erdgas aber nichts zu sehen. Stattdessen sollen bunte Blumenwiesen und pittoreske Windfarmen das Bild nach außen prägen. Ja selbst in den meist eher nüchternen Foliensammlungen, mit denen Big Oil bei Investoren um Kapital wirbt, steht nicht länger im Mittelpunkt, wie viel Fass Öl die Firmen aus der Erde holen, sondern ob ihre Emissionen sinken und ob sie einen glaubhaften Plan B für die Zeit nach der fossilen Ära haben.

Kein Wunder, der Druck von Klimaforschern und Umweltschützern, Erdöl und Erdgas möglichst bald Lebewohl zu sagen, ist in den letzten Jahren gewaltig gestiegen. Gleichzeitig sind grüne Technologien so günstig, dass der Umstieg erstmalig in Reichweite scheint. In den letzten zehn Jahren sind die Kosten für Solarpaneele und Lithium-Ionen-Batterien um fast 90 Prozent gesunken. Da will auch die Finanzwelt nicht mehr so gern bei einer Branche anstreifen, deren Ende trotz der aktuellen Gaskrise absehbar ist. Die Botschaft der Banken und Fondsmanager ist klar: Wollen die fossilen Konzerne auch künftig einen Platz in den Portfolios der institutionellen Investoren, brauchen sie dringend eine weißere Weste.

Weg mit dem Dreck. Das lassen sich die Größen der Energiebranche nicht zweimal sagen: Unternehmen wie Shell, BP und ExxonMobil versprechen mittlerweile allesamt, in Zukunft netto keine Treibhausgase mehr in die Atmosphäre zu blasen. Die gesamte westliche Ölbranche ist gerade dabei, in großem Stil schmutzige Produktionsstätten abzustoßen, um ihre eigenen Emissionen zu senken. Auch die heimische OMV will bis 2030 ein Fünftel ihrer Öl- und Gasproduktion loswerden. Bis 2050 den Rest. Aber tun die Ölkonzerne der Welt damit wirklich einen Gefallen? Bisher eher nicht, legt eine Studie des Environmental Defense Funds (EDF) nahe.

Die Unternehmen waschen sich mit dem Abverkauf ihrer Öl- und Gaslagerstätten zwar die eigene Klimabilanz rein, der Welt aber hilft das in den meisten Fällen aber nicht weiter. Denn üblicherweise wandern die gewinnträchtigen Anlagen von börsenotierten Vorzeige-Unternehmen in die Hände obskurer Privatinvestoren, die keine Skrupel haben die Umwelt zu verschmutzen und zudem auch niemandem öffentlich Rechenschaft ablegen müssen. Am Ende bleibt das Erdöl nicht im Boden, und Hunderte Millionen Tonnen an CO2-Emissionen verschwinden nur aus den Klimabilanzen der westlichen Konzerne, nicht aber aus der Atmosphäre.

Über 3000 solcher Geschäfte zwischen 2017 und 2021 haben die EDF-Forscher unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist meist dasselbe: „Diese Deals lassen es so aussehen, als hätten die Verkäufer ihre Emissionen gekürzt, während die Verschmutzung in Wahrheit nur zu Firmen mit niedrigeren Standards verschoben wurde“, sagt Studienautor Andrew Baxter.

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