Black Monday

Eine Generation erlebt den ersten Bärenmarkt

Bronzeskulotur des Bären vor der Wertpapierbörse Frankfurt
Bronzeskulotur des Bären vor der Wertpapierbörse Frankfurt(c) imago images/Ralph Peters (Ralph Peters via www.imago-images.de)
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„Buy the dip!“ – Dieser Ratschlag hat in der Covid-Krise gut funktioniert. In langen Bärenmärkten sollte man ihn aber nicht überstrapazieren.

Vor zwei Jahren herrschte Goldgräberstimmung auf den Märkten. Zahlreiche neue Anleger kauften während der weltweiten Lockdowns erstmals Aktien, meist bei Onlinebrokern. 20 Millionen neue Anleger sollen allein in den USA dazugekommen sein. Sie erwarben klingende Namen und schöne Geschichten. Symptomatisch war der Höhenflug eines maroden Unternehmens namens „Zoom Technologies“. Anleger hatten eigentlich den Videokonferenzen-Anbieter Zoom Video Communications kaufen wollen, der vom weltweiten Trend zum Home-Office profitierte, und versehentlich die falsche Aktie erwischt. Auch die „richtige“ Zoom-Aktie vervielfachte sich und erreichte zeitweilig Bewertungen, die jenseits von Gut und Böse waren.

Auf Fundamentaldaten achteten viele Neo-Anleger weniger. Das war in dieser Phase auch nicht notwendig. Die Geldschwemme, mit der Staaten und Notenbanken die Märkte fluteten, ließ alle Boote steigen. Wenn es zwischendurch nach unten ging, kaufte man eben nach. „Buy the fucking dip!“ („Kauf den verdammten Rücksetzer!“), lautete das Motto. Anders als nach dem Platzen der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende oder nach der Finanzkrise 2008 blieben trügerische Zwischenerholungen, die von neuen Tiefs abgelöst wurden, aus.
Der Bärenmarkt im März und April 2020 hatte bereits nach drei Wochen sein Tief erreicht, danach ging es nur nach oben. Binnen weniger Monate gab es neue Rekordhochs. Sich in einer solchen Phase als Anlegergenie zu fühlen, war nicht schwer. Man hatte schließlich die Nerven bewahrt, war mutig gewesen, hatte an seiner Strategie festgehalten, hatte günstig nachgekauft – und stets gewonnen.

Manche Anleger wurden übermütig. Anfang 2021 schickten sie die Aktien des angeschlagenen Videospielehändlers Gamestop oder der unter den Lockdown-Folgen laborierenden Kinokette AMC auf Höhenflug, um Hedgefonds zuzusetzen, die auf fallende Kurse gewettet hatten. Die Meme-Stocks, benannt nach Insiderwitzen im Internet, schossen in die Höhe, fielen – und wurden auf den nächsten Höhenflug geschickt.
Die Kryptowährungen Dogecoin und Shiba Inu, bei denen es sich um reine Spaßwährungen handelt, wurden ebenso „to the moon“ geschickt, fielen und wurden wieder nachgekauft. Zickzackbewegungen waren die Folge. Man ritt die Wellen aus.

Inzwischen gibt es wieder ein Börsentief, und dieses ist anders als das vom März 2020. Es zieht sich länger hin. Wer scheinbar günstig nachkauft, erlebt oft, dass es weiter nach unten geht. Bei Technologieaktien, bei Bitcoin. Und erst recht bei den einstigen Anlegerlieblingen. Zoom Video Communications kostet wieder fast so wenig wie vor der Covid-Krise.

Auch die „Meme-Stocks“ und „Meme-Coins“ nähern sich sukzessive wieder jenen Kursen an, zu denen sie gehandelt wurden, als sich niemand für sie interessiert hatte. Ihre Kursverläufe sind gezeichnet von trügerischen Erholungsversuchen. Manche Anleger wollen offenbar noch nicht ganz glauben, dass das Spiel vorbei ist, und kaufen jedes Mal den Rücksetzer. Doch gibt es dieses Mal keine Geldspritzen durch Staaten und Notenbanken, im Gegenteil: Die Zinsen steigen, und die Notenbanken schwemmen die Märkte nicht mehr mit Geld, ja, wollen ihnen sogar welches entziehen.

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