Persönliche Erklärung

Van der Bellens Kandidatur: "Keine Zeit für eine Politikshow"

Die vierbeinigen Zuhörer weckten die Aufmerksamkeit des Bundespräsidenten.
Die vierbeinigen Zuhörer weckten die Aufmerksamkeit des Bundespräsidenten.(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Am Montag gab Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine Erklärung zu seiner erneuten Kandidatur ab. Er fühle sich „alt genug“, sei vor fünf Jahren vergleichsweise noch „ein junger Hupfer“ gewesen.

"Mein Name ist Alexander Van der Bellen - ich kandidiere für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten und bitte um Ihre Unterstützung und Ihre Stimme.“ Mit diesen Worten bestätigte der amtierende Bundespräsident Alexander Van der Bellen seine Kandidatur für eine weitere Amtszeit. Seine Teilnahme an der Präsidentschaftswahl 2022 hat der 78-Jährige am Sonntagnachmittag über die Videoplattform „TikTok“ öffentlich bekannt gegeben. Am Montagvormittag gab er eine „persönliche Stellungnahme“ dazu ab.

Einleitend wurde Van der Bellen erneut als „der Kandidat“ präsentiert. „Ich kandidiere im Herbst dieses Jahres und bitte um ihre Stimme“, verkündete der amtierende Bundespräsident gleich zu Beginn. „Ich möchte Österreich von ganzem Herzen dienen. Ich bin alt genug und habe die Lebens- und die Berufserfahrung“, sagte Van der Bellen. Er wolle dazu beitragen, dass Österreich „wieder auf den richtigen Weg kommt“.

„Erinnert sich noch jemand an Ibiza?"

In weiterer Folge zog der Bundespräsident Bilanz über seine erste Amtszeit. „Erinnert sich noch jemand an Ibiza?“, fragte er rhetorisch und kritisierte die innenpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre. „So sind wir nicht“, hielt Van der Bellen in diesem Zusammenhang erneut fest. Auch die Angst und Verunsicherung, die durch die Coronapandemie entstanden sei, gelte es zu überwinden. Der Krieg in der Ukraine betreffe ebenfalls „uns alle“.

Es gelte außerdem, die österreichische Wirtschaft unabhängig von „Tyrannen, die am Gashahn Bohrloch sitzen“ zu machen. Die ökonomischen Opfer seien ein „Preis für die Freiheit und Demokratie“, sagte der Bundespräsident. Man müsse „klar Position beziehen“, damit „Putin-Freunde“ und Nationalisten keine Chance hätten, „nach der Macht zu greifen“. Auch die globale Klimakrise müsse überwunden werden, mahnte Van der Bellen: „Wir müssen uns und unsere Kinder retten“.

Er habe lange überlegt, ob er erneut kandidieren wolle, sagte der Bundespräsident weiter, fühle sich aber „dazu verpflichtet“. Erfahrung komme mit der Zeit, er sei heute besser gerüstet für die Verantwortung als noch vor fünf Jahren. Damals sei er vergleichsweise noch „ein junger Hupfer“ gewesen, scherzte Van der Bellen. In der Hektik der letzten Jahre habe er gelernt, eine „innere Ruhe“ zu finden. Auch wenn diese manchmal als Zurückhaltung interpretiert werde, helfe sie ihm dabei, auf das Wohl der Österreicherinnen und Österreicher zu achten. Die unruhigen Zeiten würden danach verlangen, dass man bedacht vorgehe.
„Ich brauche persönlich nichts"

Auch seine Unabhängigkeit betonte Van der Bellen in weiterer Folge. Er könne „frei entscheiden, nach bestem Wissen und Gewissen“. Es sei ihm wichtig, seiner Heimat Österreich etwas zurückzugeben. Er wünsche sich insbesondere, dass Mädchen „in eine Welt hineinwachsen können“, in der Gleichberechtigung herrscht. Man müsse die Probleme beim Namen nennen und um Lösungen ringen, auch wenn es anstrengend sei.

Er sehe es als seine Aufgabe, Österreich „auf das, was kommt“ vorzubereiten, meinte der Bundespräsident abschließend. Es sei nicht die Zeit „für eine Politikshow“. Er sei davon überzeugt, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher im Herbst einen „kurzen und konzentrierten" Wahlkampf wünschen würden. Er persönlich „brauche nichts“ und strebe einen sparsamen Wahlkampf an, konstatierte Van der Bellen. Für diesen müsse man aber „schon etwas zusammenkratzen“. Das soll, wie bereits 2016, durch Spenden geschehen. Van der Bellens damaliger Konkurrent Norbert Hofer (FPÖ) wiederum hatte für den Wahlkampf tief in die Parteikasse gegriffen.

Abschließend betonte Van der Bellen, dass er als „Kandidat“ und nicht als Bundespräsident in den Wahlkampf gehe. Es wäre ihm eine „Freude und eine Ehre“, weitere sechs Jahre das Amt des Bundespräsidenten innehaben zu dürfen. Bezüglich des Wahlziels gab er sich bescheiden: „Mehrheit ist Mehrheit“. Nachdem Rede und Fragerunde beendet waren, fingen die Kameras noch einen erneuten Beweis für Van der Bellens Hundeliebe ein. Bevor der Bundespräsident den Raum verlässt, begrüßt er einen anwesenden Hundewelpen und will dessen Namen wissen.

„Der Kandidat“ auf TikTok

Im Vorfeld waren immer wieder Vermutungen über mögliche Kandidatinnen und Kandidaten bei der nächsten Präsidentschaftswahl angestellt worden. Bisher gab es jedoch meist Dementi. Eines davon kam von FPÖ-Chef Herbert Kickl, der Bierpartei-Chef Marco Pogo wägt noch ab. Ob die ÖVP einen Gegenkandidaten stellt, ist zurzeit noch unklar. Die Neos schicken niemanden ins Rennen, die SPÖ unterstützt Van der Bellens Kandidatur.

Ist die Präsidentschaftswahl 2022 eine Wahl ohne Gegenkandidaten?

Auch rund um Van der Bellens mögliche Kandidatur herrschte bis vor kurzem Rätselraten. Das „TikTok"- Profil „derkandidat_vdb“ rührte die Werbetrommel für den amtierenden Präsidenten, dahinter wurde ein „Fake“ vermutet. Wie sich später herausstellte, handelte es sich aber tatsächlich um einen Kanal zur Ankündigung von Van der Bellens Wiederantritt.

(vahe)

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