Notbremsen-Sabotage

Lago Maggiore: Das Seilbahn-Unglück, das zu einem Sorgerechts-Drama wurde

So sah die Unglücksstelle vor rund einem Jahr aus, am 25.5.20221, als die Opfer und der überlebende Bub bereits geborgen waren und die Ursachensuche begonnen hatte.
So sah die Unglücksstelle vor rund einem Jahr aus, am 25.5.20221, als die Opfer und der überlebende Bub bereits geborgen waren und die Ursachensuche begonnen hatte.imago images/Xinhua
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Ein Jahr nach dem Gondelabsturz in Norditalien, das nur ein Sechsjähriger überlebte, wollen dessen Großeltern den Buben nach Israel zurückbringen.

Mit einer bewegenden Gedenkzeremonie hat die Kleinstadt Stresa am Montag des schweren Seilbahnunglücks am Berg Mottarone vor einem Jahr gedacht, bei dem 14 Menschen ums Leben kamen. Am Berghang, auf dem die Kabine 3 der Seilbahn Stresa-Mottarone am 23. Mai 2021 auf einer Höhe von rund 1300 Metern abstürzte, wurde eine schlichte Gedenktafel aus Stein mit der Inschrift "Zum ewigen Gedenken" und den Namen der Opfer enthüllt.

Die Tafel befindet sich genau dort, wo die Kabine Nummer 3 zerschellt war. Der Tag begann mit einer Messe zum Gedenken an die Toten in einer kleinen Bergkirche auf der Spitze des Mottarone-Bergs. An der Gedenkzeremonie beteiligten sich die Angehörigen der Opfer, die Bürgermeisterin von Stresa, Marcella Severino, und die Staatsanwältin Olimpia Bossi, die die Ermittlungen um das Unglück leitet.

Sorgerechtsstreit überschattet Gedenken

Bei der Zeremonie waren auch die Angehörigen des sechsjährigen Eitan, einziger Überlebender des Unglücks, anwesend. Eitans israelische Eltern, sein jüngerer Bruder und seine beiden Urgroßeltern sind dabei ums Leben gekommen. Seine Großeltern mütterlicher Seite kämpfen weiter darum, ihn nach Israel zu holen. "Eitan ist in unseren Herzen und Gedanken. Wir werden weiter für ihn kämpfen, damit er in Israel aufwachsen kann, seiner natürlichen Heimat, der Heimat seiner Familie, der Begräbnisstätte seiner Eltern und seines kleinen Bruders", so die Großeltern.

Nach einem langen Rechtsstreit lebt das Kind in der norditalienischen Stadt Pavia bei seiner Tante väterlicherseits. "Obwohl wir dazu verurteilt wurden, weit von Eitan entfernt zu sein, haben wir nie aufgegeben und werden nie aufgeben, für seine Rückkehr nach Israel zu kämpfen. Wir hoffen, dass das Gericht in Mailand und die mit Eitans Angelegenheiten befassten Personen sein Bestes im Sinn haben und das schreckliche Unrecht, das ihm und uns angetan wurde, korrigieren werden", so die Großeltern mütterlicherseits in einer Presseaussendung am Montag.

Der Streit war im letzten Jahr darin gegigpfelt, dass der Großvater mütterlicherseits den Buben am 11. September zu einem vereinbarten Besuch abholte, ihn aber dann mithilfe eines Komplizen über die Schweiz nach Israel ausflog. In Israel kam es zu mehreren Verfahren, bis das Höchste Gericht in Jerusalem im November entschied, der Bub müsse zurück nach Italien zu seiner Tante väterlicherseits gebracht werden. In Italien ging der Rechtsstreit um das Sorgerecht vor dem Jugendgericht weiter, das eine dritte Person als Vormund für Eitan einsetzte.

Eitans Großvater wird in Israel zusammen mit seinem mutmaßlichen Komplizen aufgrund eines internationalen Haftbefehls verfolgt, der von der Justiz in Pavia wegen der Entführung des kleinen Eitan erlassen wurde.

Zugseil gerissen, Notbremsen außer Kraft gesetzt

Am 23. Mai 2021 war das Zugseil der Seilbahn kurz vor der Bergstation gerissen. In diesem Moment hätten die Notbremsen am Tragseil eigentlich greifen müssen. Diese waren den bisherigen Ermittlungen zufolge aber mit Klammern blockiert, da sie im laufenden Betrieb für Störungen gesorgt haben sollen. Die Gondel raste talwärts, sprang an einer Seilbahnstütze aus der Verankerung und schlug auf dem Boden auf. Die Ermittlungen richten sich mittlerweile gegen zwei Firmen und insgesamt zwölf Personen.

(APA)

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