Kritik

Wie inklusiv ist die Blutspende-Novelle wirklich?

Staatssekretärin Claudia Plakolm
Staatssekretärin Claudia Plakolm APA/ROLAND SCHLAGER
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Die Regierung sieht es künftig als „Risikoverhalten“ an, wenn Personen innerhalb von drei Monaten Sex mit drei verschiedenen Partnern haben. Die Twitteria ist belustigt, dabei ist die Regelung gar nicht neu.

Insbesondere homosexuelle Männer wurden bisher bei der Blutspende ausgeklammert. Künftig werde sie für alle geöffnet, egal „wer man ist oder wen man liebt“, gab die Regierung am Freitag bekannt. Bei genauerer Betrachtung stimmt das aber nicht ganz. Mit der Novelle soll nämlich die „drei Mal drei Regel“ bei der Blutspende Anwendung finden. Dass diese aber auch nicht frei von Diskriminierung ist, haben in der Zwischenzeit etliche User in den sozialen Medien angemerkt.

„Sagt mir bitte, dass das nicht echt ist“ oder „Jetzt sind sie vollkommen Banane“ sind nur einige der Äußerungen, die auf Twitter zu der neuen Regelung zu lesen sind. Nicht wenige User halten die Meldung zunächst für einen „Fake“. Der Grund für die Aufregung: Die Twitter-User orten sogenanntes „Slutshaming“ bei Staatssekretärin Claudia Plakolm und Gesundheitsminister Johannes Rauch, die die Novelle präsentiert haben.

Slutshaming ist...

... ein Angriff auf Personen, die sich im Bezug auf ihre Sexualität oder ihr Sexualleben nicht so verhalten, wie es die Gesellschaft von ihnen erwartet.

Zwischen Norm und Risikoverhalten

Die „drei Mal drei Regel“ dient nämlich dazu, Personen mit sogenanntem „Risikoverhalten“ im Sexualleben von der Blutspende auszuschließen. Hat eine Person innerhalb von drei Monaten mit drei verschiedenen Personen Geschlechtsverkehr, darf sie künftig drei Monate lang nicht spenden. Das sorge dafür, dass ein aktives Sexualleben in ein ähnlich schlechtes Licht gerückt werde, wie es zuvor bei Homosexuellen geschehen war, so die Kritik der Twitteria.

Manche User verarbeiten ihren Unmut über die Novelle auch auf ironische Weise: „Demnächst auf Tinder: 'Ne sorry, diese Woche geht noch nicht, ich hab die 3x3 voll. Aber nächste Woche Donnerstag können wir uns treffen!'“, schreibt ein Nutzer etwa, um zu verdeutlichen, dass er die Regelung realitätsfern findet. Ein weiterer User schreibt: „Ich hätte drei Mal drei Dreier, gilt das auch?“ Die fehlende Überprüfbarkeit der Novelle ist Zentrum vieler kritischer Kommentare. Manche Nutzerinnen und Nutzer empfehlen spaßeshalber „Stempelkärtchen“ oder Handzählgeräte zum Mitzählen.

NGOs befürchten Diskriminierung von Transidenten

Abseits von Twitter gibt es aber auch Kritik an der Novelle. Die AIDS-Hilfe Wien und die Homosexuellen Initiative Wien (HOSI) geben etwa zu bedenken, dass die neuen Regelungen noch immer Personengruppen ausschließen könnten. So sei es etwa möglich, dass die „interne Praxis der Roten Kreuzes“, transidente Menschen von der Blutspende auszuschließen, fortgeführt werde. Es sei daher notwendig, dass die Verordnung ein explizites Diskriminierungsverbot beinhalte, verlangen die Vertreterinnen und Vertreter.

Tatsächlich ist die „drei Mal drei Regel“ aber gar nicht neu. Bereits in der vorherigen Regelung zur Blutspende hatte es genaue Vorgaben zum „Risikoverhalten“ gegeben, die Interpretation war sogar noch strenger. Ausgeschlossen von der Blutspende waren zuvor Personen, die innerhalb von zwölf Monaten Geschlechtsverkehr mit mehr als drei Personen hatten.

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