WEF Davos

Sorge vor globaler Rezession

APA/AFP/FABRICE COFFRINI
  • Drucken

Die einen warnen, die anderen beruhigen: Die hohen Energiepreise könnten zu einer weltweiten Rezession führen. Harte Schritte fordert man in Davos gegen Putin.

Wie geht es mit der Weltwirtschaft nach der Pandemie und dem Krieg in der Ukraine weiter? Die Sorge, dass es eine weltweite Rezession geben könnte, ist groß. Das ist auch das bestimmende Thema beim World Economic Forum (WEF) im schweizerischen Davos, das am Montag begann und an dem mehr als 2000 Vertreter aus Wirtschaft und Politik teilnehmen.

„Es gibt derzeit mindestens vier miteinander verbundene Krisen“, sagte der deutsche Wirtschaftsminister, Robert Habeck (Grüne). Er nannte die hohe Inflation in vielen Ländern, die Energiekrise, die Lebensmittelknappheit und die Klimakrise. „Wir können die Probleme nicht lösen, wenn wir uns nur auf eins der Probleme konzentrieren“, warnte Habeck. „Wenn aber keins der Probleme gelöst wird, dann sorge ich mich wirklich davor, dass wir uns in eine globale Rezession hineinbewegen.“ Dies hätte gravierende Auswirkungen auf die globale Stabilität. Auch Fatih Birol, Vorsitzender der Internationalen Energieagentur (IEA), meinte in einem Interview mit Bloomberg TV, dass eine globale Rezession drohe, falls die ölexportierenden Länder nicht mithelfen, den Ölpreis unter Kontrolle zu bringen. David Nabarro, Covid-19-Sonderbeauftragter der Weltgesundheitsorganisation, sagte bei einer Veranstaltung in Davos: „Die hohen Lebenskosten könnten zu den größten wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen führen, die wir in vier oder fünf Jahrzehnten erlebt haben.“

„Ölembargo gegen Russland“

Auf der anderen Seite stehen US-Präsident Joe Biden und die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IMF), Kristalina Georgieva. Biden meinte am Montag auf die Frage eines Journalisten, ob eine globale Rezession drohe, schlicht: „Nein.“ Später führte Biden seine klare Ansage insofern aus, als er die Antwort primär auf die USA ummünzte. Die Wirtschaft der USA wachse zum ersten Mal seit 40 Jahren stärker als jene Chinas. Daher stünden die USA vor geringeren Herausforderungen als andere Länder.

Währungsfonds-Direktorin Georgieva differenzierte bei ihrer Antwort. Für einige Länder gebe es „ein erhöhtes Risiko einer Rezession, aber wir erwarten keine globale Rezession“. Der IMF sage zwar ein weltweit schwächeres Wachstum voraus als noch vor einem Jahr. Trotzdem sei es mit 3,6 Prozent für 2022 in der Bandbreite des vergangenen Jahrzehnts.
Børge Brende, Präsident des Weltwirtschaftsforums, sorgt sich wegen der Entwicklung in China. In einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ (Montagsausgabe) betonte er, dass sich die Lage in China gedreht habe. „Das wird uns alle treffen, denn China hat im vergangenen Jahrzehnt für einen Großteil unseres Wachstums und der Nachfrage gesorgt.“ Nun habe China „ernste Probleme“. Die USA hätten zwar ein robustes Wachstum, aber die höchste Inflation der vergangenen 40 Jahre. Dennoch sei er, Brende, zuversichtlich, dass man „eine Rezession für 2023 noch vermeiden“ könne – trotz steigender Energiepreise, des Rohstoffmangels und der Probleme bei den Lieferketten.

Einig war man sich in Davos bei einer anderen Frage, nämlich wie man auf Putins Krieg in der Ukraine reagieren soll. Wirtschaftsminister Habeck sprach sich schon im Vorfeld für ein von der Europäischen Union gemeinsam getragenes Ölembargo gegen Russland aus. „Es hilft jetzt nicht, wenn alle Länder anfangen, ihr eigenes Ding zu drehen. Europas Stärke war jetzt gerade in dieser Phase, dass es zusammengestanden hat und zusammensteht“, sagte Habeck. Das schließe auch die manchmal schwierigen Partnerländer ein, in diesem Fall etwa Ungarn. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die EU eine gemeinsame Linie finden werde. Habeck räumte allerdings ein, dass er enttäuscht sei, dass die Einführung des Ölembargos so lang dauere.

Bei der Eröffnung des WEF rief der per Video zugeschaltete ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskij, die internationale Staatengemeinschaft zu „maximalen“ Sanktionen gegen Russland auf. Es dürfe keinen Handel mit Russland mehr geben, sagte der Staatschef, der zugleich neue Waffen für die Ukraine forderte.

Aus Österreich nehmen Finanzminister Magnus Brunner und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) an dem Treffen teil, Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat kurzfristig abgesagt. (red./ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.