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Austrian Health Forum

Gesundheitswesen-Systeminnovation

Spannende Keynote von Startup-Experten Daniel Cronin.
Spannende Keynote von Startup-Experten Daniel Cronin.(c) Klaus Ranger
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Adaptieren. Viel Kreativität und Lösungsansätze kamen beim Austrian Health Forum im Bereich Systeminnovationen.

Da zahlreiche der diskutierten Lösungsansätze auch systemische Aspekte haben, widmete man den Samstag dem Thema der Systeminnovation. Der Startup-Experte Daniel Cronin betonte, dass man sowohl inkrementelle und langfristige, als auch radikale, schnelle Innovation brauche: „Für radikale Innovation muss man verstehen, dass das, was man machen möchte, richtig schwer sein wird. Das heißt aber auch Verantwortung übernehmen für die nächste Generation. Nur so können wir sinnvolle Dinge entwickeln und verstehen, für wen wir das machen“, so Cronin. Volker Amelung, Professor für Internationale Gesundheitssystemforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover, betonte die Bedeutung der Patienten: „Die zentrale Frage ist: Wie baue ich ein Gesundheitssystem um die Menschen herum? In Deutschland und Österreich bauen wir die Systeme um die Krankenhäuser herum.“ Er stellte außerdem den deutschen Innovationsfonds vor, ein Mechanismus, der erfolgreichen Projekten im Bereich der integrierten Versorgung und der Versorgungsforschung einen strukturierten Weg in die Regelversorgung bietet.

Die Ideen der beiden Innovationsexperten wurden von Arno Melitopulos, Leiter des Bereichs Gesundheitssystem & Qualität in der Österreichischen Gesundheitskasse, aufgegriffen: „Was wir brauchen, um die richtigen guten Ideen rascher umzusetzen, ist ein „Innovations-Sixpack“. Das beinhaltet einen Innovationsfonds, aber auch das Definieren gemeinsamer Ziele und ein offenes Mindset, entsprechende Governance und Prozesse, die Einbindung von Innovatoren sowie einen klaren Fokus auf Nutzen und Qualität.“

Demenz und Pflege

Reformieren. Pflege stand vor allem am 12. Mai im Fokus, dem Tag der Pflege, an dem auch die Pflegereform präsentiert wurde.

Christian Klein, Bereichsleiter Pflege bei der Caritas Wien.
Christian Klein, Bereichsleiter Pflege bei der Caritas Wien.(c) Klaus Ranger

Christian Klein, Bereichsleiter Pflege bei der Caritas Wien, hob systemische Mängel hervor, die eine gute Versorgung mit Pflegeleistungen überall in Österreich derzeit erschweren: „Wir müssen in manchen Gegenden Anfragen ablehnen, weshalb unsere Pflegeteams hier zu Gatekeepern des Systems werden, das tut mir weh. Unterschiede in föderalistischen Systemen kommen schon ziemlich zynisch an.“

Beim Themenschwerpunkt Pflege wurde heuer auch ein Fokus auf Demenz gelegt. Elisabeth Stögmann, Leiterin der Ambulanz für Gedächtnisstörungen und Demenzerkrankungen am AKH Wien, betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Früherkennung und Frühdiagnostik, die 40% der weltweiten Demenz-Erkrankungen deutlich verzögern oder sogar verhindern könne. Wie viele Menschen mit Demenz es derzeit gebe, lasse sich schwer sagen, da es vermutlich eine Unterdiagnostizierung und damit auch eine Unterversorgung gebe. Aber man gehe von rund 147.000 Menschen in Österreich aus, die von Demenz betroffen seien. Um diese Gruppe geht es auch Raphael Schönborn, Geschäftsführer von Promenz, einer Initiative für von Demenz Betroffene: „Demenz ist eine unsichtbare Behinderung, und es ist ein unsichtbares Stigma. Wir müssen Menschenrechte für alle neu ausverhandeln, auch für Menschen mit Demenz.“

Onkologische Versorgungsstrukturen

Individualisieren. Immer mehr Patient:innen sind immer länger in Behandlung. Dafür wurden am AHF Lösungsszenarien aufgezeigt.

Hannes Kaufmann, Abteilungsvorstand im Wiener Gesundheitsverbund
Hannes Kaufmann, Abteilungsvorstand im Wiener Gesundheitsverbund(c) Klaus Ranger

Im Zentrum standen Versorgungsmodelle, die einerseits qualitativ hochwertige Diagnose- und Behandlungsverfahren gewährleisten und andererseits auf die erkrankungsspezifischen und individuellen Bedürfnisse der Patient:innen zugeschnitten sind.

Im Workshop „Onkologische Versorgung nahe am Patienten“ sprach unter anderem Ansgar Weltermann, Leiter des Tumorzentrums Oberösterreich und des Zentrums für Tumorerkrankungen am Ordensklinikum Linz. Er präsentierte Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Entwicklung der digitalen Kommunikationsplattform onkip, die 2023 in den klinischen Routinebetrieb gehen wird. „Neben der Bereitstellung von entitätsspezifischen Informationen ermöglicht die Plattform die Erhebung von Patient Reported Outcomes. Wir beziehen dabei auch die Angehörigen ein, denn manche ältere Krebspatientinnen und -patienten werden eine Unterstützung benötigen.“ Aktuell wird mit den Jurist:innen der Spitalsträger ein Konzept erarbeitet, um eine rechtskonforme Grundlage für den Routinebetrieb sicherzustellen. Thema ist etwa die Frage, wie die vom Patienten eingegebenen Daten Teil der Krankengeschichte werden können.“

Hannes Kaufmann, Abteilungsvorstand der 3. Med. Abteilung der Klinik Favoriten und der Klinik Landstraße Wien und Programmdirektor beim Vienna Cancer Center: „Wir dürfen keine Langzeitkranken produzieren, sondern müssen Menschen wieder ins Berufsleben führen.“

Primärversorgung unter Druck

Optimieren. Wohnortnahe Versorgung in einem komplexen Gesundheitssystem ermöglichen.

Kathryn Hoffmann, Leiterin Unit  Versorgungsforschung MUW
Kathryn Hoffmann, Leiterin Unit Versorgungsforschung MUW(c) Klaus Ranger

Einig war man sich bei den Diskussionen im Rahmen des Austrian Health Forum 2022 darüber, dass eine starke Primärversorgung ein Erfolgskriterium von Gesundheitssystemen sei. Ein gut organisierter Primärversorgungs-Sektor könne etwa 70 Prozent aller Krankheitsfälle abschließend betreuen und somit alle anderen Versorgungsebenen entlasten. In Österreich seien die systemischen Rahmenbedingungen dafür im Vergleich zu anderen europäischen Staaten allerdings schlecht ausgeprägt. Reformen und neue Versorgungsmodelle würden umgesetzt, müssten aber angesichts wachsender Bedürfnisse und neuer Herausforderungen laufend weiterentwickelt werden, so Kathryn Hoffmann, Leiterin UNIT Versorgungsforschung und Telemedizin in der Primärversorgung an der Medizinischen Universität Wien.

Martin Eichtinger, Vorsitzender NÖGUS und Landesrat in Niederösterreich, zum Thema Primärversorgung: „Durch Gesundheitszentren und Gesundheitsnetzwerke stärken wir die wohnortnahe Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, die hausärztliche Versorgung wird dadurch ergänzt. Die Menschen profitieren von längeren Öffnungszeiten und vielfältigen Leistungen direkt in ihrer Region. Auch für die Ärztinnen und Ärzte von Primärversorgungseinheiten ergibt sich ein Mehrwert. Sie können sich fachlich austauschen und gegenseitig entlasten, wodurch es zur Aufwertung der Work-Life-Balance kommt. Mehr Leistungen und Service ermöglicht das erweiterte Team, das aus verschiedenen Gesundheits- und Sozialberufen besteht.“ Präventive Aufgaben rücken in der Primärversorgung immer mehr in den Fokus, wie auch Christoph Hörhan betonte, der durch das dreitägige Programm des Austrian Health Forum leitete. „Die Wunschliste an die Primärversorgung ist lang: Sie soll niederschwellig und wohnortnah eine umfassende Grundversorgung bieten, Lotse und Begleiter durch das komplexer werdende Gesundheitssystem sein, integrierte Betreuung bei immer mehr chronischen Erkrankungen leisten und wichtige gesundheitsfördernde, soziale und psychologische Angebote machen.

Die Liste der Kassen-Ärztinnen und -Ärzte hingegen wird immer kürzer. Dabei gibt es in Österreich genügend Ärztinnen und Ärzte und Menschen, die mit Begeisterung im Gesundheitswesen arbeiten. Sie brauchen aber die richtigen Rahmenbedingungen – von der Ausbildung, über die Gestaltung ihrer täglichen Arbeit bis zur Honorierung. Das müssen wir in Österreich berücksichtigen und die Strukturen schaffen, in denen die vielen Menschen in der Primärversorgung ihre wichtigen Aufgaben erfüllen können.“

Digitales Zeitalter

Modernisieren. Hochrangige Expert:innen setzten Impulse für das Thema Digitalisierung im Gesundheitssystem.

Thomas Rainer, Generaldirektor-Stellvertreter der Österreichischen  Gesundheitskasse
Thomas Rainer, Generaldirektor-Stellvertreter der Österreichischen Gesundheitskasse(c) Klaus Ranger

Christoph Hörhan, Mitbegründer und Geschäftsführer des Austrian Health Forum, skizzierte das Grundproblem: „Österreich hat eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt, aber bei Weitem nicht eines der effizientesten. Was wir brauchen ist, den Nutzen von Innovationen und Digitalisierung rasch zu den Patientinnen und Patienten zu bringen.“ Bernd Leinich, Geschäftsführer des Gesundheitsfonds Steiermark, zeigte sich im Rahmen des Austrian Health Forum stolz auf die Vorreiterrolle seines Bundeslandes: „Die Digitalisierung im Gesundheitswesen kann die Effizienz, Effektivität und Qualität der Versorgung substantiell erhöhen. Die Steiermark treibt mit Pilotprojekten dabei innovative Entwicklungen voran, die für Österreich Vorbild sein können und die in die ELGA Weiterentwicklung eingebunden werden.“

Dass uns Innovationen und Digitalisierung zu Gute kommen müssen, strich Rainer Thomas, Generaldirektor-Stellvertreter der Österreichischen Gesundheitskasse, hervor: „Unser Anspruch ist, digitale Innovationen, die einen echten Mehrwert bieten, nachhaltig im System zu verankern. Wenn unsere Versicherten jederzeit und überall die Services angeboten bekommen, die sie sich von einem modernen Gesundheitsdienstleister erwarten, dann haben wir alles richtig gemacht.“
Maria Kletečka-Pulker, Direktorin des Ludwig Boltzmann Instituts Digital Health and Patient Safety sowie Kuratoriumssprecherin des Austrian Health Forum, strich hervor, dass man durch die Forschung schon sehr genau wisse, wo Digitalisierung in bestimmten Bereichen des Gesundheitssystems hilfreich sei: „Jetzt ist es wichtig, das umzusetzen, was möglich ist, um einen raschen, günstigen und maßgeschneiderten Zugang zu erleichtern“.

Und in puncto digitaler Gesundheitsanwendungen (DIGAs) erklärte Dorothee Stamm, Geschäftsführerin der Medtronic Deutschland GmbH und Vorstandvorsitzende des Bundesverbandes Medizintechnologie: „Derzeit gibt es in Deutschland 33 zugelassene digitale Gesundheitsanwendungen und rund 50.000 Verschreibungen. Etwa die Hälfte der DIGA entfällt auf psychische Erkrankungen, darüber hinaus gibt es beispielsweise auch DIGA für Patientinnen und Patienten mit Adipositas oder Diabetes. Bei der Einführung des innovativen Erstattungskonzeptes lief naturgemäß nicht alles reibungslos. Natürlich wurden bei digitalen Gesundheitsanwendungen in Deutschland auch Fehler gemacht. Ärzte wussten zu wenig über DIGA und haben sie sehr wenig verschrieben. Hersteller wurden nicht ausreichend eingebunden, weshalb viele Unternehmen die regulatorischen Anforderungen unterschätzt haben.“

Über das Austrian Health Forum

Unterschiedliche interaktive Formate werden beim Austrian Health Forum entsprechend dem sogenannten Political Design Thinking verwoben, das Innovationsmethoden mit Elementen der Politikberatung verbindet. Dadurch werden gegensätzliche Positionen mit mehr Empathie betrachtet, was frische Einsichten und neue Lösungswege ermöglicht. Mithilfe der Expertise der Teilnehmer:innen werden so, gemeinsam mit den Entscheidungsträger:innen, inspirierende Ideen entwickelt und Netzwerke für deren Verwirklichung gebildet.

Mehr erfahren

Martin Gleitsmann begrüßte die 36 Workshopteilnehmer zu spannenden Beiträgen – u. a. von Erika Richtig, Ansgar Weltermann und Sonja Hrad.
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Die Krebsversorgung muss vielfältiger werden

Workshop. Die Anzahl der Krebspatientinnen und -patienten wächst kontinuierlich an und es braucht innovative Konzepte, um auch in Zukunft die bestmögliche und leistbare Versorgung sicherzustellen.
Großes Interesse gab es für den Workshop, in dem Vorteile, Bewertung und Finanzierung von digitalen Gesundheitsanwendungen (DIGA) diskutiert wurden.
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Wie Apps auf Rezept gelingen können

DIGAs. Neue zertifizierte Health-Apps kommen immer häufiger bei verschiedenen chronischen Erkran­kungen (Diabetes, Depression, Demenz) therapiebegleitend, aber auch in der Prävention zur Anwendung.
Die Anwälte von Schiefer Rechtsanwälte sind v.l.n.r. Clemens Hauser, Maria Troger, Lisa Rebisant, Martin Schiefer, Katja Schreibmayer, Philip Albrecht, Rudolf Pekar, Alexandra Mensdorff-Pouilly und Heinrich Lackner (nicht im Bild).
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Das Vergaberecht darf man nicht unterschätzen

Fairer Wettbewerb. Martin Schiefer denkt Vergaberecht mit seinem Team neu. Er gestaltet mit seiner Kanzlei Schiefer Rechtsanwälte erfolgreich Vergabeverfahren für Bund, Länder und Gemeinden in ganz Österreich.

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