Serebrennikow: "Soldaten meines Landes haben anderes Land überfallen"

Kirill Serebrennikow in Cannes.
Kirill Serebrennikow in Cannes.(c) IMAGO/Starface (IMAGO/Serge Arnal / Starface)
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In einem langen Essay führt der russische Regisseur seine Gedanken über den Krieg gegen die Ukraine aus. Er hat quasi den Status eines Dissidenten.

Schon in Cannes zeigte der russische Regisseur Kirill Serebrennikow klar seine Haltung - und sprach sich gegen den Krieg aus, den sein Land gegen die Ukraine führt. Nun hat Serebrennikow, der in Russland bereits eineinhalb Jahre im Hausarrest verbringen musste, in einem langen Essay Stellung bezogen. "Soldaten meines Landes sind in ein fremdes Land eingedrungen und haben begonnen, es zu zerstören. Menschen zu töten. Häuser zu zerstören", schrieb der 52-Jährige auf seinem Telegram-Kanal. Auch das Portal "Medusa" in Riga veröffentlichte den Text.

Der Krieg zwinge alle Menschen zu einem Leben in Angst und Hass - die Zeugen, die Teilnehmer, die Opfer, "selbst die, die dagegen sind". Wer einen Krieg beginne, verliere immer. Wer vergewaltige, töte, friedliche Menschen quäle, sei ein Kriegsverbrecher, für den es keine Sympathien geben dürfe. Der russische Staat sei in vielen Epochen "menschenfresserisch" gewesen, schrieb Serebrennikow. Der Kultur sei dagegen immer das wichtig gewesen, was dem Staat nicht wichtig gewesen sei - "das Mitgefühl mit den Gefallenen".

Ein Star der Film- und Bühnenwelt

Kirill Serebrennikow zeigte gerade sein Tschaikowsky-Drama bei den Filmfestspielen von Cannes. In Russland war er ein provokanter Star der Film- und Bühnenwelt, bis ihn das Regime 2017 zum prominenten Exempel für seinen Umgang mit kritischen Künstlern machte: Es gab einen Schauprozess wegen angeblicher Veruntreuung staatlicher Fördergelder, Hausarrest, er durfte das Land nicht verlassen und nur noch per Videoschaltung Regie führen. Inzwischen ist er nach Europa ausgereist, wo er bis auf Weiteres bleiben will.

In Cannes hatte es bereits Standing Ovations für den anwesenden Regisseur, der sich bei der Gelegenheit klar gegen den Krieg aussprach, gegeben. Und der Film? Ein politisches Statement kann man "Tchaikovsky's Wife"  nicht nennen. Serebrennikow nähert sich darin einer musikalischen Größe Russlands aus der Außenperspektive. Angelpunkt ist titelgemäß Antonina Miliukowa. Ihre Ehe mit dem Komponisten wurde von diesem nach nur sechs Wochen gekappt, vor dem Gesetz blieb sie bis zu Tschaikowskys Tod aufrecht.

Übrigens machte Serebrennikow im vergangenen Jahr an der Staatsoper in Wien aus der Gralsburg eine Haftanstalt. „Die Presse“ führte aus diesem Anlass ein Gespräch mit ihm >> Serebrennikow: Parsifal ist Bandenführer im Gefängnis

(red.)

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