Pizzicato

Die Bratwurstbude der Literatur

Ein Literaturskandal, wie er im Buche steht.

Gerade, dass er sie nicht „Penner“ geschimpft hat. Als der Journalist Deniz Yücel neulich in Gotha als deutscher PEN-Präsident alles hingeschmissen hat, konnten die „Poets, Essayists, Novelists“ – so die Definition des altehrwürdigen Schriftstellerklubs – es an Wortgewalt, Witz und satirischer Schärfe nicht mit dem Heißsporn aufnehmen. Bellizisten und Pazifisten, Polemiker und Bürokraten waren aneinandergeraten. Es fehlte nicht viel, und es wären Fäuste geflogen. Ein Literaturskandal, wie er im Buche steht.

Knall auf Fall war Yücel nach seiner Wiederwahl zurückgetreten, und im Abgang rief er dem „Haufen Spießern und Knallchargen“ noch zu: „Ich möchte nicht Präsident dieser Bratwurstbude sein.“ Nun sucht die „Bratwurstbude“ einen neuen Vorsitzenden, der zwischen den Fraktionen und Generationen schlichtet. Es gäbe einen Kandidaten, der prädestiniert wäre – einen Nebenjob-Philosophen und Hobbyautor, der leider gerade damit beschäftigt ist, in Berlin und zuletzt in Davos die Welt zu retten: Robert Habeck.

Keiner kommuniziert lyrischer als der grüne Vizekanzler, keiner kleidet Krieg und Krise in eine empathischere Rhetorik. In der SPD ist Generalsekretär Kevin Kühnert so von Neid erfüllt, dass er ihn zum Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb wünscht. Da ging es zu Reich-Ranickis Zeiten auch nicht eben friedlich zu.

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2022)

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