Porträt

José Mourinho: Im Erfolg weint auch der ewig Streitbare

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TOPSHOT-FBL-EUR-C4-FINAL-ROMA-FEYENOORDAPA/AFP/OZAN KOSE
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José Mourinho hat es geschafft, der portugiesische Fußball-Exzentriker ist wieder einzigartig. AS Romas historischer Europacup-Triumph macht ihn zum einzigen Trainer, der Champions-, Europa- und Conference-League gewinnen konnte.

Jetzt hat José Mourinho im Fußball wirklich alles gesehen und erlebt. Der Portugiese, 59, steht auf dem Gipfel – wenn man den streitbaren Fußballtrainer allein nach Pokalen bewerten würde. Denn mit dem 1:0-Sieg der AS Roma im Finale der neuen Conference League gegen Feyenoord Rotterdam (mit dem enttäuschenden Gernot Trauner) hat Mourinho wieder für geraume Zeit den Status der Einzigartigkeit erlangt. Er gewann zweimal die Champions League (Porto 2004, Inter 2010), zweimal den Uefa-Cup bzw. die Europa League (Porto, 2003, Manchester United 2017) und jetzt den Cup der „dritten“ Europacup-Leistungsstufe. Ein Kunststück, stets angerührt mit trockenem Abwehr-Beton.

Dass „Mou“, wie man ihn ruft, mit den „Giallorossi“ zu diesem Triumph eilt, war zu Saisonbeginn alles, nur nicht zu erwarten. Bei Tottenham vom Hof gejagt, war der so stolze bis eitle Mann aus Setúbal geradezu trotzig in die Serie A zurückgekehrt. Jetzt erwartet er wohl ein Denkmal – erstmals seit Inter 2010 kann Italien wieder über einen Europacupsieg jubeln. Und, unglaublich: es ist auch Romas erste Europa-Trophäe
Mourinho lebt und liebt Extreme.

Der Hauptstadtverein mit der Wölfin im Wappen hat nicht die finanziellen Möglichkeiten, die ihm bei Chelsea oder bei Real Madrid zu Verfügung standen, dafür erntet er auch hier Liebe der Fans und Clacio-kritische Gazetten bieten ihm den Reibebaum, den auch knorrige Typen so dringend brauchen. Zuspruch, Widerstand, Offensive. Und, viel dolce vita.

In Rom muss Mourinho gar nicht mehr als „Special One“ herumgockeln. Insgesamt 26 Titel stehen zu Buche, acht Meisterschaften in Portugal, England, Spanien oder Italien. Großes Triple, kleines Triple – er erreichte mit seinen Klubs fünf Endspiele – und gewann alle. Der Familienvater, er ist neben Giovanni Trapattoni und Udo Lattek der erst dritte Coach, der drei unterschiedliche Uefa-Bewerbe gewinnen konnte, zeigt neuerdings auch ganz offen ungeahnte Emotionen.

Weil er Zweifel an sich ausmachte nach der Schmach von Tottenham – er wurde eine Woche vor dem Cupfinale hinauskomplimentiert und verließ erstmals einen Klub ohne Titel – berührte ihr der Durchmarsch mit AS Roma umso mehr. Er weinte Rotz und Wasser. So hemmungslos sah man den Stimmungslosen nur sehr selten.

„Müder Feldherr“, „Alter Gladiator“ – Italiens Presse nannte ihn nach Enttäuschungen und Flops (1:6 gegen Bodo-Glimt) vieles. Jetzt ist er wieder der „Heilsbringer“, der wahre „Herrscher Roms“. Wankelmut und Verwandlungskünste sind Teil des Geschäfts, Mourinhos Teams zeigten selten bis nie schönen Fußball. Aber der Erfolg heiligt seine Mittel.

(FIN)

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