Mein Freitag

Wer "Top Gun" im Kino sah, hat Narben auf dem Arm

IMAGO/NurPhoto
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Die Frage heißt: Pockengeimpft oder nicht?

Seit Kurzem gibt es eine neue Unterscheidungskategorie, aber es ist keine Geschmacksfrage wie „Rolling Stones oder Beatles“, die später in „Oasis oder Blur“ umgewandelt wurde oder für Fußballfans in „Messi oder Ronaldo“. („Austria oder Rapid“ ist keine Geschmacks-, sondern eine Charaktersache.) Nun heißt die Frage: Pockengeimpft oder nicht? Und schon weiß man, ob das Gegenüber U40 ist, also noch jung. Wer keine charakteristischen kreisrunden Narben am Arm hat, wurde nach 1981 geboren, denn in diesem Jahr wurde die Pflichtimpfung eingestellt.

Wir Älteren tauschen gleich angeregt Erinnerungen aus – die Impfpistole, die Narben, die bei jedem ein wenig anders ausgefallen sind, und die Jüngeren in der Runde betrachten erstaunt, was wir auf unseren mehr oder weniger schlaffen Armen zu bieten haben. Die netten Ärzte setzten die Pistole an der Unterseite an, die gleichgültigen schön prominent am Oberarm. Wie würde man heute wohl über eine Impfung diskutieren, die so sichtbare Spuren hinterlässt?

Generell wurde damals einfach nicht so viel hinterfragt. Die Schluckimpfung schmeckte süß und für die Fluortabletten, die man in der Volksschule regelmäßig verabreicht bekam, stellten wir uns fast so aufgeregt an wie in der Kirche für die Kommunion. Einige können sich auch noch an Calziumkautabletten erinnern, die nach Kakao schmeckten.

Ausnahmslos alle aber wissen noch alles über das Ereignis ein paar Jahre später, das neben „Dirty Dancing“ noch mehr Pflicht war als jegliche Impfung: „Top Gun“ im Kino. Und wie ernst wir diesen Film genommen haben, was die Jüngeren nun betreten schweigen lässt. Iceman, Maverick, die Machodialoge und diese Volleyballszene, das sei doch wie Satire? Nein, war es nicht, es gab die Guten und die Bösen, und alle Rollen waren klar verteilt. Ausgerechnet jetzt kommt die Fortsetzung in die Kinos. Der Zeitpunkt ist der Pandemie geschuldet, aber ein seltsamer Zufall ist es dennoch.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2022)

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