Strompreise

Verbund-Dividende sorgt für Unmut

Strom günstig erzeugen und teuer verkaufen: Das trug dem teilstaatlichen Verbund Kritik ein.
Strom günstig erzeugen und teuer verkaufen: Das trug dem teilstaatlichen Verbund Kritik ein.(c) Getty Images (Christine von Diepenbroek)
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Nach der angekündigten Sonderdividende fordern die Landesenergieversorger Rabatte. Der Verbund bleibt ein Politikum.

Kaum sind die einen bedient, stellen sich die nächsten an – und so kommt der teilstaatliche Stromkonzern Verbund im Moment einfach nicht zur Ruhe. Nachdem er am Mittwoch angekündigt hatte, heuer eine Sonderdividende von 400 Mio. Euro auszuschütten, folgte am Donnerstag die Kritik von Landesenergieversorgern, die Rabatte fordern: „Wenn uns der Verbund Rabatt gewährt, geben wir ihn den Kunden weiter“, sagte EVN-Chef Stefan Szyszkowitz der „Krone“. Leo Schitter, Chef der Salzburg AG, sagte, er hätte es für besser befunden, die Mehrwertsteuer auf Strom zu senken.

Der Verbund hatte mit 1. Mai seine Strompreise deutlich erhöht und sich damit Kritik eingetragen. Denn er wirbt damit, „Strom aus 100 Prozent Wasserkraft“ zu erzeugen. Der Verbund produziert einen Großteil des verkauften Stroms selbst, und zwar zu minimalen Kosten aus längst abgeschriebenen Wasserkraftwerken. Und deutlich unter dem Marktpreis.

Verkaufen konnte er den Strom wegen des vom Gaspreis getriebenen hohen Strompreises teuer. Damit hatte sich der Nettogewinn im ersten Quartal auf 515 Mio. Euro mehr als verdreifacht.

Diese „Zufallsgewinne“ machten die Causa Verbund zum Politikum. Schon vor der Präsentation der fulminanten Quartalszahlen hatte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) für einen Kurssturz der Verbund-Aktie gesorgt, indem er Gewinnabschöpfungen in den Raum stellte. Eine Idee, die viele Experten kritisch sehen und die auch in der Regierung umstritten ist. So sagte etwa Wirtschaftsminister Martin Kocher im „Presse“-Interview, dass es Möglichkeiten gebe, „die besser funktionieren“ als eine Sondersteuer.

Der Verbund kam der Umsetzung dieser Fantasien zuvor, indem er ankündigte, seinen Kunden zwei Monatsrechnungen gutzuschreiben und einkommensschwachen Kunden noch einmal zwei Monatsrechnungen. Und tags darauf die Sonderdividende nachlegte.

Causa Verbund – ein Politikum

Die Talfahrt der Verbund-Aktie ist vorerst gestoppt. Am Donnerstag – die Wiener Börse war trotz des Feiertags für den Handel geöffnet – setzte das Papier seinen Höhenflug fort. Bereits am Mittwoch konnte die Aktie um über neun Prozent zulegen – eine Reaktion auf die angekündigte Sonderdividende. Die Analysten der Deutschen Bank hoben ihr Kursziel für die Verbund-Aktie von 96 auf 105 Euro an und stellten ihre Empfehlung von „hold“ auf „buy“ um. Denn mit der Sonderdividende und den geplanten Gutschriften für Stromkunden dürfte die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Sondersteuer auf die Verbund-Gewinne deutlich gesunken sein, begründen die Analysten ihren Schritt.

Auffällig ist das Zusammenspiel von Unternehmen und Politik in der Causa Verbund: Nachdem der Verbund am Mittwoch seine Pläne für eine Sonderdividende publik gemacht hatte, meldete sich prompt Bundeskanzler Nehammer zu Wort und begrüßte diese. „Die Sonderdividende ist ein klares Signal dafür, dass das Unternehmen von ,Windfall-Profits‘ nicht selbst profitieren will“, sagte er. „Windfall-Profits“ nennt man unvorhergesehene Zufallsgewinne. Ein ähnliches Schauspiel bot sich einen Tag zuvor, als der Verbund seine Gutschriftenaktion angekündigte. Mit nur wenigen Minuten Abstand hatten das Kanzleramt und der Konzern die Aktion bekannt gemacht. Auf die Frage, ob die Aktion auf Zuruf der Politik erfolgt sei, sagte eine Verbund-Sprecherin, das Unternehmen sei sich seiner sozialen Verantwortung bewusst. Und aus dem Kanzleramt hieß es, dass es als Mehrheitseigentümer des Unternehmens plausibel sei, „solche Aktionen zu kommentieren“.

1,2 Milliarden Euro Dividende

Inklusive der Sonderdividende von 400 Mio. Euro werde die Gesamtdividende für 2022 bei 1,2 Mrd. Euro liegen, teilte der Verbund mit. Die Genehmigung soll bei der nächsten ordentlichen Hauptversammlung voraussichtlich im April 2023 erfolgen. Neben den 51 Prozent der Anteile, die der Republik Österreich gehören, stehen über 30 Prozent des Verbund-Grundkapitals im Eigentum regionaler Energieversorger. Unter 20 Prozent sind in Streubesitz. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2022)

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