Interview

"Putin hat sich komplett ins Knie geschossen"

Unter dem Anschein eines seriösen Nachrichtenmediums betreibt RT („Russia Today“) Propaganda für den Kreml.
Unter dem Anschein eines seriösen Nachrichtenmediums betreibt RT („Russia Today“) Propaganda für den Kreml. (c) NurPhoto via Getty Images
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Thomas Rid erforscht an der Johns Hopkins University Desinformation. Das EU-Verbot für russische Staatsmedien wie RT und Sputnik hält er für richtig – die manipulatorischen Fähigkeiten des Kreml aber für stark überschätzt.

Die Presse: Waren Sie überrascht vom russischen Überfall auf die Ukraine?

Thomas Rid: Nein. Denn die Anzeichen waren seit Monaten deutlich. In den Wochen vor dem Einmarsch haben die amerikanischen und britischen Geheimdienste immer wieder ganz klar gesagt, dass so etwas wahrscheinlich bevorsteht.

Diese Warnungen wurden vor allem in Westeuropa mehrheitlich als Panikmache verworfen. Ist es schlüssig zu sagen, dass dieses Abwimmeln westlicher nachrichtendienstlicher Informationen das Ergebnis sehr langer und sehr intensiver Desinformation des Kremls ist?

Ich weiß nicht, ob ich so weit gehen würde. Vielleicht trifft das bei einem kleinen Teil der Bevölkerung zu, dass der Schaden durch Klischees über die CIA, der im Kalten Krieg vom KGB verursacht worden ist, noch nicht ausgebessert wurde. Aber ich denke nicht, dass das eine gute Erklärung ist. Sondern wir haben einen großen, zwischenstaatlichen Krieg mit Land-, See- und Luftstreitkräften, mit der Bombardierung von zivilen Zielen in großen Städten, und so etwas konnten wir uns sehr lange nicht mehr vorstellen. Man erinnert sich an Erzählungen von den Großeltern, Geschichten von der Ostfront, und denkt sich: Das kann ja gar nicht wahr sein, dass wir jetzt diese Bilder wieder im Jahr 2022 sehen. Das gehört eigentlich in die 1940er-Jahre.

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