Das 1863 von Ferdinand Artmann geplante Verwaltungsgebäude des Militärverpflegungsetablissements in der Leopoldstadt wird nach Büronutzung nun zu Wohnraum.
Von Pferden ist zwischen Oberer Donau- und Augartenstraße in der Leopoldstadt nichts mehr zu sehen. Dabei stand hier ab 1723 die Cavalleriekaserne für 600 Mann – und ebenso viele Pferde. 1863 wurde sie abgerissen und der Militärtechniker und Erfinder Ferdinand Artmann damit betraut, einen Versorgungskomplex mit Mehl-Magazin, Kessel- und Backhaus (1919–1969 als Hammerbrotwerk genutzt) sowie Administrationsgebäude zu planen. Nur Letzteres hat die Zeiten überdauert – und wird nun von Cuubuus Architects and Developers zum Wohnhaus „Artmann“ adaptiert.
Alte Treppe zum neuen Balkon
„Zurzeit ist der Rückbau abgeschlossen, das heißt, fast alles, was nicht original ist – und da das Haus zuletzt als Bürogebäude genutzt wurde, hat man in der Vergangenheit viel umgebaut –, wurde bis auf die Tragestruktur entfernt.“ Erhalten bleiben das Äußere des Gebäudes und das Stiegenhaus. „Jetzt werden neue Fenster eingebaut, die selbstverständlich genauso aussehen werden wie die ursprünglichen Fenster“, umreißt Eduard Mair, Gründer und Geschäftsführer von Cuubuus, den momentanen Baufortschritt.
Selbstverständlich steht das Haus unter Denkmalschutz. Was wie immer eine schwierige Gratwanderung zwischen Erhaltenswertem und den geltenden Bauverordnungen bedeutet. In diesem Fall ist es ein bisschen leichter, da in den 1970er-Jahren zwei Gebäude in den Hof gestellt wurden, die nicht denkmalgeschützt sind. Daher kann man hier problemlos um- und anbauen. „Bei den Neubauten werden die Fassaden für Balkone und Terrassen geöffnet, und hier ist es auch möglich, einen barrierefreien Zugang mit Rampen zu schaffen“, sagt Mair.

„Beim historischen Gebäude arbeiten wir natürlich eng mit dem Denkmalamt zusammen. Es ist uns wichtig, dass sowohl der historische Wert als auch die historische Realität sichtbar bleiben“, erzählt Mair. Auch was den Innenausbau betrifft, eröffnen die vielen Umbauten der letzten Jahrzehnte einige Möglichkeiten. So wurden etwa die Böden entfernt, es wird eine Fußbodenheizung eingebaut und darauf klassisches Fischgrätparkett verlegt.
Klimafittes Konzept
Selbstredend wird auch die gesamte Haustechnik erneuert – und man hat sich hehre Ziele gesetzt, was die ökologischen Standards betrifft. „Vorbehaltlich der Genehmigung der Behörden, die uns bereits kritisiert haben, dass wir unsere Pläne der Öffentlichkeit vorgestellt haben, ohne vorher Rücksprache zu halten, wollen wir die primäre Energieversorgung, Heizung und Kühlung, mit einer Wasser-Wärme-Pumpe erreichen. Mit einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach und in Verbindung mit Geothermie aus dem Donaukanal wollen wir das Gebäude weitgehend unabhängig von fossilen Energieträgern machen. Nur noch für die Spitzenabdeckung wird Fernwärme verwendet. Dadurch wird eine bedeutende jährliche CO2-Reduktion erzielt“, zeigt sich Mair ein wenig erstaunt über die Reaktion der Behörden.

Geplant sind in der Erdgeschoßzone gewerbliche Flächen, etwa Büros, „wir sind aber im Moment auch im Gespräch mit einem medizinischen Zentrum“, in den Stockwerken darüber sollen 75 Wohnungen entstehen, von kleinen Single-Wohnungen bis zu Penthouses auf dem Dach, zwei auf dem historischen Gebäude, zwei auf den Neubauten im Hof.
„Wir wollen auch ein Concierge-Service light anbieten als Anlaufstelle für die Bewohner, und wir richten drei unterschiedlich große Home-Offices ein sowie drei kleine Wohnungen, die als Gästezimmer von den Hausbewohnern gemietet werden können“, sagt Mair. Im Ziegelgewölbe des Kellers wird ein kleines Spa entstehen.
ZUM OBJEKT, ZUM ORT
Auf dem Areal zwischen Oberer Donaustraße und Oberer Augartenstraße im 2. Bezirk stand von 1723 bis 1863 die Leopoldstädter Cavalleriekaserne, dann bis 1963 das Verpflegungsetablissement und ab 1929 bis 2014 auch ein Umspannwerk der Wiener Stadtwerke, heute die Wohnhausanlage „WohnArt Leopoldstadt“. Eigentumswohnungen im Neubau Erstbezug kosten im 2. Bezirk rund 8692 Euro/m2.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2022)