Die ukrainische Holocaust-Überlebende Tatyana Zhuravliova während eines Gesprächs über den Krieg.
Ukraine

Der Jude Selenskij und der Faschist Stepan Bandera

Manchmal muss ich daran denken, dass in der NS-Besatzungszeit meine jüdischen Verwandten von ihren ukrainischen Nachbarn zusammengetrieben, erschlagen und in eine Grube geworfen worden sind. Doch die Ukraine ist heute mit Selenskij ein anderes Land als vor fünfzig, achtzig oder hundert Jahren.

Mein Vater, der einen Hang zur pointierten Phrase hatte, charakterisierte die Ukrainer einmal folgendermaßen: „Sie sind wie die Russen, nur verbissener, konsequenter und viel böser, wenn sie einmal böse werden.“ Nach seiner Vorstellung verkörperten die Ukrainer sowohl die wesentlichen Eigenschaften von Russen als auch wichtige Attribute von Westeuropäern. Die vielen Jahrhunderte, in denen ihr Land ein Teil Polens, Litauens oder Österreichs gewesen war, hätten die Ukraine genauso geprägt wie die Zugehörigkeit zum Russischen Reich und zur Sowjetunion.

Diese „ostwestliche Mentalitätsmischung“ bezog mein Vater natürlich auch auf den Antisemitismus. Der Antisemitismus sei in Russland und der Ukraine gleichermaßen ausgeprägt, meinte er, in seiner Umsetzung seien die Ukrainer jedoch konsequenter. Die zahlreichen von ukrainischen Nationalisten verbrochenen Judenpogrome – vom wichtigsten ukrainischen Nationalhelden Bogdan Chmelnyzkyj im 17. Jahrhundert, der beinahe die gesamte jüdische Bevölkerung des Landes ausrotten ließ, bis Stepan Bandera, dessen faschistische „Organisation Ukrainischer Nationalisten“ (OUN) mit den Nazis kollaborierte – würden dies beweisen.

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