Kurdische und arabische Kämpfer in Nordsyrien bewachen Tausende gefangene IS-Anhänger. Der IS will mit Gewalt seine Gefolgsleute befreien und sein „Kalifat" neu errichten. Eine Reportage.
Die Stimme der jungen Frau bebt. Noch heute ist Leila (Name geändert) der Schrecken anzumerken, wenn sie sich an die dramatischen Geschehnisse zurückerinnert: Sie war gerade im Haus ihrer Eltern in der nordsyrischen Stadt Hasakah. „Plötzlich hörte ich einen lauten Knall“, erzählt sie. Leila und die anderen gingen aufs Dach. Von dort blickten sie auf das Chaos, das sich in ihrer Nachbarschaft bot. Rund um das Gefängnis im Viertel Ghweiran brannte es. Leila kontaktierte Kollegen, versuchte herauszufinden, was vor sich ging. Und dann wurde ihr klar: Terrorkommandos des sogenannten Islamischen Staats (IS) sind in der Stadt. Sie wollen ihre 5000 Kampfgefährten aus dem Gefängnis befreien.
„Ich dachte nur, oh mein Gott“, sagt Leila, die einen rosafarbenen Hijab trägt. „Ich hatte Angst, dass sie mich töten, wenn sie erfahren, dass ich Journalistin bin.“
Leila zündet sich eine Zigarette an. Dann setzt sie ihre Schilderung fort. „Wir versuchten, uns ruhig zu verhalten. Am nächsten Morgen erfuhren wir dann aber: IS-Leute sind hier in der Nachbarschaft schon in den Häusern. Geflohene IS-Gefangene haben von den Menschen verlangt: Gebt uns eure Mobiltelefone!“ Einige Bewohner, die nicht auf die Forderungen eingingen, wurden getötet. Leila war hineingeraten in die größte Operation des IS seit dem Ende seines „Kalifats“.