Das Venedig der Belle Époque unterscheidet sich nicht sehr von dem von heute. Rialtobrücke um 1900.
Fotografie

Träume von Italien um 1900

Fotografie ist keine reine Reproduktion der Wirklichkeit. Das beweist der Bildband Italien 1900 mit hunderten historisch wertvollen Photochrom-Bildern.

Am Beginn seiner „Suche nach der verlorenen Zeit“ lässt Marcel Proust sein Alter Ego davon träumen, nach Venedig und Florenz zu reisen. Es waren Orte, die er noch nie gesehen hatte, aber er hatte eine Vorstellung davon: Sie stammte von Stichen von Tizian, die eine Ahnung davon vermittelten, wie etwa die Lagune aussehe. Die Vorstellung war „sicherlich sehr viel weniger genau als die, welche mir eine einfache Fotografie hätte vermitteln können“, schreibt er in dem 1913 erschienenen Band „In Swanns Welt“. Er gehörte zu jenen träumerischen Reisenden des Fin de Siècle, denen es reichte, das Bild Italiens vor ihrem inneren Auge entstehen zu lassen. Prousts Held brauchte nicht einmal ein Foto.

Andere ließen sich anregen durch Reiseführer, Prospekte und Fotografien und standen der Art des Reisens nach der Tradition der Grand Tour des 18. Jahrhunderts skeptisch gegenüber. Da galt der Augenschein an Ort und Stelle noch als Initiations- und Bildungserlebnis für wohlhabende europäische Bürger und Adelige im jugendlichen Alter. Wieder andere setzten die Tradition von Grand Tour und Romantik fort und machten sich auf, um Italien kennenzulernen. Es galt ihnen je nach Perspektive als unsterbliches Kunstland der wiederentdeckten Antike oder als unberührte Naturlandschaft.

Verklärung. Italien wirkte auf die aus dem Norden kommenden Touristen traumverloren-entrückt. Die spät aus einem Patchwork von Kleinstaaten zusammenfindende Nation war noch wenig industrialisiert, die Landschaften wirkten unberührt, die Bevölkerung ländlich unschuldig und noch im jahrhundertealten Traditionalismus verfangen. Das war natürlich reine Verklärung, das Paradies des friedvollen Miteinanders unter strahlender Sonne und inmitten der Zeugnisse antiker Hochkultur verbarg die italienische Realität von Entbehrung und Armut.

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