Zensur

Der neue Kulturkampf in Erdoğans Türkei

Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, setzt sich auf dem Flughafen Adana freundlich in Szene, doch Zensur und Verbote nehmen im Land zu.
Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, setzt sich auf dem Flughafen Adana freundlich in Szene, doch Zensur und Verbote nehmen im Land zu. Anadolu Agency via Getty Images
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Über das Land rollt eine Verbotswelle. Konzerte werden abgesagt und selbst Bilder in Museen abgehängt. Dahinter steckt auch Wahlkampfkalkül der AKP.

Istanbul. Die türkische Regierungspartei AKP ist ein Jahr vor den Wahlen zu Parlament und Präsidentenamt auf Krawall gebürstet, und das nicht nur im Nato-Streit. Die Türkei wird von einer wahren Zensurwelle gegen Kulturveranstaltungen überrollt: Konzerte von Rockmusikern, Volksmusikern und sogar klassischen Musikern werden verboten, Theateraufführungen werden untersagt, und in Museen werden Bilder abgehängt. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass irgendwo im Land eine Kulturveranstaltung verboten wird. Inzwischen werden Konzerte schon in vorauseilendem Gehorsam von Veranstaltern abgesagt, die nicht auf den Kosten sitzen bleiben wollen, wenn sie nach einem kurzfristigen Verbot die Kartenpreise erstatten müssen. Mit diesem Kulturkampf will die AKP konservative Wähler mobilisieren.

Allein in dieser Woche wurden mehrere Konzerte von AKP-Behörden mit fadenscheinigen Gründen verboten. Ein Auftritt der Popsängerin Melek Mosso bei einem Festival im südtürkischen Isparta wurde von der Kommune untersagt, nachdem konservative Gruppen die schulterfreien Kleider der Künstlerin als „unsittlich“ kritisierten. An der Nahost-Universität in Ankara untersagte das Rektorat gleich mehrere Konzerte eines Musikfestivals mit der Begründung, dass am Vortag türkische Soldaten in Nordirak gefallen seien und Musik deshalb zu unterbleiben habe; das Verbot kam so kurzfristig, dass die Musiker schon angereist waren. Ein Auftrittsverbot gegen den Rockmusiker Niyazi Koyuncu in Pendik am Südrand von Istanbul begründete die AKP-Verwaltung damit, dass der Künstler „nicht die Werte und Ansichten der Stadtverwaltung vertritt“.

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