Die zeitlich unbefristete Ausnahme von russischem Pipeline-Öl aus dem Boykott der Union soll eine Blamage bei ihren Sanktionen abwenden. Der Wille der 27, darüber hinaus weitere Energiesanktionen gegen Russland zu ergreifen, ist minimal.
Nach fast einem Monat zusehends angespannter Verhandlungen über einen EU-Boykott russischen Erdöls hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán genau das erreicht, was er von Anfang an wollte: eine zeitlich vorerst unbegrenzte Ausnahme für jene Lieferungen aus Russland, die Ungarn durch die Druschba-Pipeline erhält. „Der Europäische Rat stimmt darin überein, dass das sechste Sanktionenpaket gegen Russland Rohöl und Raffinerieprodukte erfassen wird, die von Russland in die Mitgliedstaaten geliefert werden, mit einer zeitweiligen Ausnahme für Rohöl, das via Pipeline geliefert wird“, heißt es in dem aktuellesten Entwurf der Schlussfolgerungen der 27 Staats- und Regierungschefs vor Beginn ihres Sondertreffens am Montag in Brüssel.
Ob diese Extrawurst ausreicht, um Orbán von seiner Vetodrohung abzubringen, war vor Beginn des Gipfeltreffens, das bis spät in die Nacht dauern sollte, offen. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, betrieb bei ihrem Eintreffen im Ratsgebäude Erwartungsmanagement: „Ich habe keine zu hohen Erwartungen, dass wir das in den nächsten 48 Stunden lösen werden, dafür aber danach.“ Orbán selbst erklärte ausweichend, zur Unterstützung des Sanktionspakets bereit zu sein, „wenn es eine Lösung für die Energieprobleme Ungarns gibt.“