Wien

Missbrauch im Kindergarten: Kinderschutzkonzept kommt im Herbst

Kindergarten (Symbolbild)
Kindergarten (Symbolbild)REUTERS
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Nach dem Bekanntwerden eines mutmaßlichen Missbrauchs in einem städtischen Kindergarten kündigte Stadtrat Christoph Wiederkehr ein Kinderschutzkonzept an. Das Personal am betroffenen Standort wurde aufgestockt.

Im Wiener Rathaus hat am Dienstag eine Sondersitzung des für Kindergärten zuständigen Gemeinderatsausschusses stattgefunden. Jugendstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) informierte dabei die Fraktionen über die Vorwürfe gegen einen Pädagogen, der Übergriffe auf ihm anvertraute Kinder begangen haben soll. Man habe dabei auch den weiteren Fahrplan in der Causa dargelegt, hieß es im Anschluss an die Sitzung.

Wiederkehr hat nach Bekanntwerden der Vorfälle - die zum Teil bereits vor einem Jahr stattgefunden haben sollen - eine Kommission einberufen, die die Vorwürfe prüft. Ende Juni soll ein Bericht des Gremiums vorliegen. Diskutiert wurden zuletzt nicht nur die Vorfälle selbst, sondern auch die Informationspolitik der Stadt: Viele Eltern erfuhren erst 13 Monate nach dem ersten Fall etwas von den Vorwürfen gegen den Mann.

Personal aufgestockt

Der Neos-Politiker kündigte in einer Pressekonferenz vor rund zwei Wochen ein Kinderschutzkonzept für alle städtischen Wiener Kindergärten an. Dieses soll im Herbst präsentiert werden, wie ein Sprecher Wiederkehrs nun mitteilte. Zudem wurde an dem betroffenen Standort das Personal aufgestockt. An der Sondersitzung haben auch die Leiterin der Magistratsabteilung 10, Daniela Cochlar, sowie Jugendanwalt Ercan Nik Nafs teilgenommen.

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt aktuell in vier Verdachtsfällen. Es geht um den Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen bzw. des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen. In dem ersten Fall, der ein Jahr zurückliegt, gibt es bereits ein Gutachten. In den drei Fällen, die erst jüngst bekannt wurden, müssen Gutachten noch eingeholt werden.

Rechtsanwalt will Stadt Wien klagen

Auch ein Anwalt als Rechtsvertreter von Eltern, deren Kinder in der Einrichtung betreut wurden, ist in den Fall stark involviert. Johannes Bügler vertritt mittlerweile sieben Elternpaare, deren Kinder möglicherweise betroffen seien, wie er mitteilte. "Die Zahl wird allerdings vermutlich noch steigen, da sich laufend weitere Eltern bei mir melden und einige Termine noch ausständig sind“, erzählt Bügler. Die Eltern hätten die Verdachtsfälle zur Anzeige gebracht.

Bügler hatte außerdem bereits angekündigt, die Stadt klagen zu wollen - auf 50.000 Euro pro betroffenem Kind, vorbehaltlich weiterer Forderungen. Die Klagen würden "in Kürze" von ihm vorbereitet werden. Bis dato habe es keine Kommunikation zwischen ihm und der Stadt gegeben, "weil diese meine Schreiben nicht beantwortet", berichtete er zum aktuellen Stand.

Opposition fordert weitere Schritte

Die Opposition forderte am Dienstag weitere Schritte. Die ÖVP sprach sich unter anderem für die Schaffung einer Standardisierung der Elterninformation aus. Auch die Etablierung einer Ombudsstelle wurde verlangt.

Die Grünen wünschen eine kostenlose, psychologische Betreuung der Eltern und ihrer Kinder sowie eine Supervisionsmöglichkeit für die Pädagoginnen und Pädagogen. Diese müsse unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden, hieß es. Die FPÖ wiederum forderte die sofortige Suspendierung der Leiterin der MA 10.

Eltern zeigen sich enttäuscht

Betroffene Eltern zeigten sich nach der Sitzung von der Stadt Wien enttäuscht. Wiederkehr kündigte an, dass es zwischen Eltern und Pädagogen eine Mediation geben wird. Seit rund drei Wochen sei aber nichts passiert, kritisierte Elternvertreterin Katharina Kohlbach gegenüber Radio Wien. Die Eltern seien immer noch verunsichert, wütend und wüssten zum Teil nicht, was im Zusammenhang mit den Missbrauchsverdachtsfällen wirklich passiert sei, sagte Kohlbach. 

Auch im Gespräch mit der „Presse" kritisierte eine betroffene Mutter nach Aufkommen des Falls, dass man sich von der Stadt alleine gelassen fühle. Sie sprach von einem „völligen Fehlverhalten“ der MA 10.

(APA/Red.)

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