Interview

„Die Wirtschaft ist volatiler als je zuvor“

(c) Georg Wilke
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KSV1870-CEO Ricardo-José Vybiral betont, dass Österreichs Betriebe trotz anhaltender Belastungen gut aufgestellt sind.

Herr Vybiral, die Energiekrise, viele Rohstoffverteuerungen, die hohe Inflation und der Arbeitskräftemangel in vielen Branchen – für Österreichs Unternehmen ist es gerade nicht einfach. Wie gut sind die heimischen Betriebe gerüstet, diesen Schwierigkeiten zu begegnen?

Ricardo-José Vybiral: 55 Prozent der Unternehmen bewerten ihre aktuelle Geschäftslage laut Austrian Business Check des KSV1870 als sehr gut oder gut. Auch wenn 2021 die Zuversicht mit 65 Prozent deutlich höher war, so ist der Wert angesichts der aktuellen Herausforderungen keineswegs schlechter. Zudem erwarten die Betriebe, dass die positive Umsatzentwicklung des Vorjahres auch heuer ihre Fortsetzung finden wird. Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass der anhaltende Stop-and-go-Modus in der Wirtschaft eine Bremse ist – auch wenn die Betriebe die vergangenen zwei Jahre gut gemeistert haben.

Das KSV1870 Rating ist ein guter Indikator, der zeigt, wie sicher Österreichs Unternehmen aufgestellt sind. Sehen Sie durch die vielen Herausforderungen eine generelle Zunahme des Risikos und damit steigende Ratings?

Nein, das kann ich nicht bestätigen. Wir sehen uns laufend die Ratingverteilung in Österreich an und erleben kaum Verschiebungen. Das lässt auf ein sauberes finanzielles Fundament schließen. Mit einem KSV1870 Rating von durchschnittlich 352 weist die heimische Wirtschaft eine geringe Ausfallwahrscheinlichkeit auf – und das in Zeiten einer globalen Pandemie und eines Krieges, der die Weltwirtschaft maßgeblich beeinflusst. 87 Prozent der österreichischen Betriebe befinden sind in den Top-Rating-Klassen und sind damit sichere Geschäftspartner.

Im regelmäßig vom KSV1870 durchgeführten Austrian Business Check berichtet fast jedes zweite Unternehmen davon, dass die Coronakrise besonders die Eigenkapitalreserven beansprucht hat. Wie viel Luft und Cash-Reserven haben die Unternehmen?

Natürlich befürchten aktuell viele Unternehmen einen Liquiditätsengpass. Laut aktueller KSV1870 Umfrage haben neun Prozent der Betriebe ihre liquiden Mittel bereits aufgebraucht und es wird für sie schwierig, das laufende Jahr zu stemmen. Insgesamt erwartet lediglich jedes fünfte Unternehmen, langfristig keine wirtschaftlichen Probleme zu bekommen. Das sind die nackten Zahlen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die Volatilität der Wirtschaft in den vergangenen Jahren enorm war. Für die Zukunft bedeutet das, dass das Pendel sowohl in die eine als auch die andere Richtung ausschlagen kann.

Positiv stimmt in dieser Umfrage, dass 70 Prozent der befragten Unternehmen im Vorjahr investiert haben und dies auch heuer im gleichen Ausmaß tun wollen. Glauben Sie, dass durch die aktuellen wirtschaftlichen Verwerfungen die Investitionsbereitschaft abnehmen könnte? Auch weil die Kreditzinsen bald steigen werden?

Auch wenn ich es nicht gänzlich ausschließen kann, so denke ich nicht, dass es einen spürbaren Dämpfer geben wird. Die Umfragen des Austrian Business Check des KSV1870 zeigen seit Jahren eine konstante Investitionsbereitschaft. Auffällig ist aber, dass ungern auf Kredite zurückgegriffen wird, was wiederum unterschiedlichste Gründe hat.


Schaut man sich die Finanzstruktur von Austria's Leading Companies an, sieht man, dass diese nach wie vor gut aufgestellt und somit ein wesentlicher Stabilitätsfaktor sind. Was zeichnet die Leading Companies aus?

Diese Unternehmen haben eine Vorbildfunktion, weil sie über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, auf Kurs bleiben. Sie liefern in der Krise ebenso Top-Leistungen ab wie in Zeiten des allgemeinen Wirtschaftsaufschwungs. Ich würde die Sieger in der Regel als etablierte Unternehmen bezeichnen, die sich einen hohen Grad an Dynamik bewahrt haben. Das versetzt sie in die Lage, bei veränderten Rahmenbedingungen rasch reagieren zu können. Kurzum: mit Sicherheit keine One-Hit-Wonder. Für die gibt es andere Bewerbe.

Zur Person

Ricardo-José Vybiral ist seit sechs Jahren CEO des KSV1870 und hat von Beginn an auf Digitalisierung und Innovation gesetzt. Der KSV1870 ist eine der führenden Wirtschaftsplattformen Österreichs mit Fokus auf Gläubigerschutz und Risikomanagement.


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