Brüssel-Briefing

Von der Leyens polnisches Eigentor

Von der Leyen
Von der Leyen(c) Reuters
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Die Kommissionspräsidentin drückt gegen die Stimmen ihrer drei wichtigsten Vizepräsidenten und ihres Justizkommissars einen faulen Kompromiss mit der nationalautoritären Regierung Polens durch, um endlich auch dort Wiederaufbau-Milliarden verteilen zu können.

Im Grunde genommen war schon vom Beginn der Amtszeit Ursula von der Leyens klar, was die Präsidentin der Europäischen Kommission vom Prinzip der Rechtsstaatlichkeit hält. Nämlich: niemand ist in dieser Frage perfekt, alle Mitgliedstaaten müssen hier und da etwas reformieren, also seien wir doch bitte nicht zu harsch gegenüber den Regierungen Polens und Ungarns. Das ist keine Unterstellung. Sie hat das selbst gesagt, in einem Gruppeninterview mit fünf Zeitungen, im Juli 2019, gerade mit der hauchknappen Mehrheit von neun Stimmen vom Europaparlament gewählt.

Natürlich ist das eine alarmierende Relativierung. Es besteht eben ein enormer Unterschied zwischen einem Land wie Polen, wo Richter von einer politisch gleichgeschalteten Disziplinarkammer des Obersten Gerichtshofes genötigt und im Extremfall um ihren Lebensunterhalt gebracht werden, bloß weil sie sich erfrechen, EU-Recht anzuwenden, und Mitgliedstaaten, in denen die Ausstellung europäischer Haftbefehle dahingehend novelliert werden musste, dass nicht ein Staatsanwalt, sondern ein Richter sie zu erlassen hat. Aber von der Leyen war von Beginn an darum bemüht, den Streit mit Warschau (und Ungarn) um die Rechtsstaatlichkeit rasch zu beerdigen - auch um den Preis eines faulen Kompromisses, der die Gefahr in sich birgt, dass Polens Regierung seinen Teil der Vereinbarung nicht hält, aber trotzdem die Milliarden aus dem Corona-Wiederaufbaufonds der EU erhält, der eineinhalb Jahre nach Beginn der Amtszeit dieser Kommission gegründet wurde.

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