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1061 gemeldete Fälle von antimuslimischen Rassismus im Jahr 2021

Die Presse/Clemens Fabry
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Für knapp ein Drittel waren politische Funktionäre verantwortlich. Die Dokustelle fordert deshalb, die Immunität von Politikern bei rassistischen Aussagen abzuschaffen.

1061 Fälle von antimuslimischen Rassismus hat die Dokustelle Österreich im Jahr 2021 dokumentiert. Bei rund drei Viertel der Fälle war der Täter männlich, knapp 70 Prozent der Opfer weiblich. Für 31 Prozent der gemeldeten Fälle waren Politikerinnen und Politikern verantwortlich. Pandemiebedingt verlagerten sich die Übergriffe ins Internet. "In den letzten Jahren spitzte sich die Situation besonders zu", so Ümmü Selime Türe, Vorstandsmitglied der Dokustelle Österreich.

Die Dokumentations- und Beratungsstelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus (Dokustelle Österreich) besteht seit 2014. Sie ist eine zivilgesellschaftliche Anlaufstelle mit dem Ziel, antimuslimischen Rassismus sichtbar zu machen und Betroffene zu unterstützen. Jährlich präsentiert sie den antimuslimischen Rassismus Report.

Pandemie hat Situation verschärft

"Die anhaltende Pandemie in Österreich sorgte dafür, dass Personen, die ohnehin schon marginalisiert werden, stärker von rassistischen Strukturen betroffen sind. Erschwerte Arbeitsbedingungen gekoppelt mit Unterbezahlung systemrelevanter Berufe haben viele Personen in ökonomische Notlagen getrieben", kritisierte Rumeysa Dür-Kwieder, Vorstandsmitglied der Dokustelle Österreich. Eine restriktive Politik gegenüber Muslimen und Musliminnen gepaart mit Alltagsrassismus würde dazu beitragen, dass betroffene Personen Übergriffe immer seltener melden würden.

Die Dokustelle erkennt in ihrem Bericht einen Zusammenhang von politischen Ereignissen und deren Anstiftung zu verbaler Gewalt im Internet. So wurden die meisten Fälle im Mai (150) und Juni (177) begangen, kurz nach der Veröffentlichung der "Islamlandkarte" durch die Dokumentationsstelle Politischer Islam und der Ermordung der 13-jährigen Leonie. Beide Fälle hatten eine "Flut an Hasskommentaren" zur Folge, so Ümmü Selime Türe.

Gemeldete Fälle großteils im Internet

Im Vergleich zu den 1402 Fällen im Jahr 2020 ist die Zahl leicht zurückgegangen. Das sei aber vor allem auf die Pandemie und Kontaktbeschränkungen zurückzuführen, heißt es in dem Report. Allerdings verlagerten sich viele Fälle in den digitalen Raum. 65,4 Prozent wurden online getätigt, 34,6 offline. Die Dunkelziffer sei aber mit Sicherheit höher. Gerade auf Tik-Tok oder Telegram sei das Monitoring schwierig.

Erstmals wurde in dem Bericht des Jahres 2021 die Gruppe der Täterinnen und Täter diversifiziert. Knapp 31 Prozent der verzeichneten Fälle wurden von Politikern und Politikerinnen während politischer Amtshandlungen getätigt. Darunter Aussagen zu den "Silvester Krawallen in Wien-Favoriten", sowie Aussagen von Funktionären und Funktionären der FPÖ, wonach ein Zusammenhang zwischen Ramadan und dem Anstieg an Corona-Infektionen bestehe. Diese würden nachweislich zu vermehrten Fallzahlen von antimuslimischen Rassismus führen.

Immunität von Politikern aufheben

"Damit wir antimuslimischem Rassismus entgegenwirken können, müssen wir damit beginnen, auch Personen in ihrer politischen Funktion zur Verantwortung zu ziehen. Die Immunität von politischen Funktionärinnen und Funktionären bei rassistischen Aussagen in ihrer Berufsausübung muss aufgehoben werden," fordert Ümmü Selime Türe.

Die Dokustelle fordert außerdem die Umsetzung eines Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus, bessere Unterstützung für NGOs und die Einrichtung von unabhängigen Kontrollinstanzen für Exekutive und Sicherheitsdienste. Das wichtigste sei jedoch, das Phänomen antimuslimischer Rassismus als gesamtgesellschaftliches Problem anzuerkennen.

Grüne: Dokustelle fördern

Faika El-Nagashi, die Integrationssprecherin der Grünen, zeigte sich besorgt über die im Report dokumentierten Vorfälle: "Leider ist davon auszugehen, dass der Bericht nur die Spitze des Eisbergs abbildet". Sie kündigte Unterstützung für die Arbeit der Dokustelle an: "Angesichts des deutlichen Bedarfs freue ich mich, dass das Bundesministerium für Soziales beabsichtigt, die Arbeit der Dokustelle Islamfeindlichkeit & antimuslimischer Rassismus zu fördern"

(APA)

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