NDP-Chef Norbert Burger (hier bei einem Südtirol-Aktivistenprozess) half dabei, einen Neonazi auszuliefern.
Attentatsserie

Rechtsextremer Terror in Österreich: "Nicht zulassen, dass ein Staat destabilisiert wird!"

Vor 40 Jahren wurde die Republik Österreich von einer Welle rechtsextremen Terrors erschüttert. Ins Visier der Attentäter gerieten Jüdinnen und Juden, allen voran Simon Wiesenthal. Eine Rolle spielten dabei auch Norbert Burger und seine NDP.

Fensterscheiben gingen zu Bruch, Türen wurden aus den Angeln gerissen und alles war voller Rauch. Spätabends war vor einer Haustür in Wien-Döbling eine Sprengladung mit großer Wucht detoniert. Es war das Zuhause von „Nazijäger“ Simon Wiesenthal. Dieser hatte sich mit seiner Frau Cyla schon hingelegt gehabt. Beide blieben unverletzt. Das Paar gab sich gelassen, als es die herbeigeeilten Kameraleute im Morgenrock und Pyjama filmte. Der Anschlag am 11. Juni 1982 war Teil einer Attentatsserie von Rechtsextremisten.

Bereits im Herbst 1981 war im Vorgarten von Edmund Reiss, dem ehemaligen Vizepräsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, ein mit Schwarzpulver gefüllter „Kelomat“-Topf explodiert. Am 4. Februar 1982 wurde dann vor der Wohnung von Oberrabbiner Akiba Eisenberg in der Wiener Innenstadt ein Eisenrohr mit einem primitiven Zünder zur Detonation gebracht. Am 26. Juni 1982 ging erneut ein zur Bombe umfunktionierter „Kelomat“-Topf vor der Wohnung des ORF-Mitarbeiters und Schriftstellers Alexander Giese in die Luft.

Wenige Wochen später, am 28. Juli 1982, wurden die Bewohner der Salzburger Altstadt aus dem Schlaf gerissen. Vor der Auslage der Schöps-Filiale in der Getreidegasse war gegen 22 Uhr eine Rohrbombe detoniert. Am Tatort wurde ein Dutzend Flugblätter mit antisemitischen Parolen und Zeichnungen gefunden. Die Hetze richtete sich gegen den jüdischen Inhaber der Textilkette, Leopold Böhm. Nur drei Tage später, am 31. Juli 1982, wurden auch das Portal und die Fensterscheiben einer Schöps-Filiale in Wien-Ottakring bei einer weiteren Explosion beschädigt.

Den Schlusspunkt der Serie bildete am 5. August 1982 der Fund einer Rohrbombe neben einem Kindergarten am Wiener Rudolfsplatz. Nur ein Fehler in der Zündelektronik hatte ein mögliches Blutbad verhindert. Bei einer Explosion wären im Umkreis von 30 Metern Menschenleben ausgelöscht worden.

Simon Wiesenthal übte nach dem Anschlag gegen seine Person Kritik. Die Staatspolizei habe gegen die Gefahr von rechts „kaum etwas getan“. Erwin Lanc, in den Jahren 1977 bis 1983 Innenminister vonseiten der SPÖ, kann dies im Rückblick nur teilweise akzeptieren. „Vor meinem Amtsantritt gab es sowohl an der Spitze als auch in der Beamtenschaft Leute, die irgendwie gehemmt waren, das zu sehen, was schon offensichtlich war. Von ihrem persönlichen Erleben her hatten sie zu viel Verständnis, anstatt hier durchzugreifen. Es war eine belastete Generation, die da an den Schaltstellen saß.“

1979 lieferte das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) mit dem Buch „Rechtsextremismus in Österreich nach 1945“ einen ersten Überblick über die rechte Szene. Lanc hatte die Publikation unterstützt und nutzte Erkenntnisse daraus: „Wir haben versucht, möglichst viel Material zu sammeln, um auch eine Grundlage dafür zu haben, wie man am besten vorgeht.“

Als sich die Terrorwelle 1982 zuspitzte und die Öffentlichkeit zunehmend verunsichert reagierte, meldete sich Bundeskanzler Bruno Kreisky aus seinem Urlaubsdomizil auf Mallorca zu Wort. Er kündigte an, mit „ganzer Härte“ gegen die Attentäter vorzugehen: „Wir sind gebrannte Kinder, die schon einmal erlebt haben, wie ein Staat destabilisiert worden ist, und wir werden das nicht noch einmal zulassen.“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.