Historie

Vom Wagerl mit Gefrorenem zum Eissalon

In Wien ist die Eissalon-Dichte besonders groß. Das liegt an ein paar italienischen Familien, die sich einst hier angesiedelt haben.

Dass Wien eine so hohe Dichte an Eissalons hat – manche meinen gar, die höchste in ganz Europa –, ist ein paar geschäftstüchtigen italienischen Holzfällern zu verdanken. Sie waren es, die vor rund 150 Jahren in Wien ihr Glück versuchten und Eis oder vielmehr Gefrorenes verkauft haben. Denn damals gab es weder Eissalons noch war der Name Eis für Speiseeis gebräuchlich (er wurde lediglich für gefrorenes Wasser verwendet).

Stattdessen wurde Gefrorenes in kleinen Wagen verkauft, die die Eismacher gern vor Konditoreien platzierten. Was Letztere nicht lang hinnehmen wollten, und was schlussendlich zur Etablierung eigener Eissalons führt. Aber dazu später mehr.

Familie Molin Pradel, die aus dem Zoldo-Tal in den Dolomiten stammt, ist eine jener Familien, die die Eisgeschäfte in Wien bis heute prägen. Silvio Molin Pradel betreibt heute den Eissalon am Schwedenplatz und produziert in seiner relativ neuen Manifattura del Gelato in der Seestadt Aspern Eis für den Lebensmitteleinzelhandel.

In fünfter Generation. „Ich führe den Familienbetrieb jetzt in fünfter Generation, und wir haben schon zwei Kandidaten in der Familie, die das vielleicht dann in der sechsten Generation machen“, sagt Molin Pradel. Um die Geschichte seiner Familie – die exemplarisch für andere Wiener Eisdynastien ist – zu erzählen, muss er ein bisschen ausholen. Sein Vorfahre Arcangelo Molin Pradel wanderte 1885 nach Transsilvanien aus, um sich dort als Holzfäller zu verdingen. „Das war ein richtiger Holzfäller, ein Zwei-Meter-Mann, nicht so wie ich“, erzählt Molin Pradel. Die Firma in Rumänien ging allerdings in Konkurs, Arcangelo Molin Pradel machte sich auf den Rückweg und blieb mangels Geld für die Weiterreise in Wien hängen. Dort traf er auf andere Landsleute und verdiente sein Geld mit Arbeiten wie Reparaturen von Schirmen oder dem Schneiden und Verkaufen von Salami im Prater. Das Geschäft ging gut, und die Stadt hinterließ offenbar Eindruck. Er kehrte nach Italien zurück, allerdings mit dem Vorhaben, wieder nach Wien zu kommen und dort Eis (oder vielmehr Gefrorenes) zu produzieren und zu verkaufen.

Gemeinsam mit seinem Bruder und anderen Italienern eröffnete er ein Jahr darauf, also 1886, in Wien eine kleine Eisproduktion. „Verkauft wurde das Eis in kleinen Wagen. Die Leute waren damals schon sehr schlau und haben sich damit vor Konditoreien gestellt.“ Allerdings gestatteten das Letztere nicht lang, waren die Eiswagen doch eine lästige Konkurrenz.

Das war der Grundstein für die ersten Eissalons. Die eröffneten allerdings nicht ohne die Hilfe der Frauen. „In der ersten Phase waren nur Männer im Eisgeschäft, die Wagen waren sehr schwer und mussten händisch gezogen werden. In der zweiten Phase wollten sie einen Salon eröffnen, dafür brauchten sie die Frauen.“ Also siedelte sich auch der Rest der Familie in Wien an.

Den ersten Eissalon hat die Familie im Jahr 1887 auf der Dresdner Straße eröffnet. 1905 folgte ein Eissalon auf der Alserbachstraße im neunten Bezirk, dann mehrere Salons in Ottakring, auf der Landstraße Hauptstraße und auch auf der Josefstädter Straße.

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