Portrait

Holocaust-Überlebender Daniel Canoch: Die Solidarität der „Gruppe 131“

Daniel Chanoch, Jahrgang 1933, bei seinem jüngst erfolgten Besuch in Wien. Er überlebte insgesamt sechs KZs, nach seiner Befreiung erreichte er Palästina.
Daniel Chanoch, Jahrgang 1933, bei seinem jüngst erfolgten Besuch in Wien. Er überlebte insgesamt sechs KZs, nach seiner Befreiung erreichte er Palästina.(c) Caio Kauffmann
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Daniel Chanoch wurde mit anderen Kindern in mehrere Konzentrationslager der Nazis verschleppt. Der Zusammenhalt seiner Gruppe trug die Buben durch die grausamste Zeit.

In den kalten Nächten haben Daniel Chanoch und die anderen Buben ihre Wärme geteilt. Sie bildeten einen Ring, die Körper dicht aneinandergedrängt und einer von ihnen durfte in die Mitte, so lange, bis sein Körper die Wärme aufgesogen hatte. Dann war der Nächste dran. Die Buben hätten verstanden, dass sie zusammenstehen müssen, erzählt Chanoch. Ihre Solidarität hat sie durch die schlimmste Zeit getragen. Als die Gruppe in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert wurde, am ersten Septembertag 1944, konnte sie durchsetzen, zusammen in das Lager einzuziehen. Sie entkamen der Selektion.

Chanoch erinnert sich an die Zwangsarbeit, die er und die anderen Kinder in Birkenau leisten mussten, direkt an den Gleisen, an denen die Wägen mit den Deportierten ankamen. Manche der Buben waren derart erschöpft, dass andere von der Gruppe für sie einsprangen, ohne dass es die Wachleute bemerkten. „Auf diese Weise“, sagt er, „konnten wir weitermachen.“

Chanoch, Jahrgang 1933, wurde in Litauen geboren. Wenn er heute zurückblickt, ruft er sich eine schöne Kindheit im Kreis seiner Familie wach, aber an Litauen hat er keine guten Erinnerungen. Der Antisemitismus habe in den baltischen Staaten auf die schlimmste Weise um sich geschlagen, sagt Chanoch. Seine Familie wurde im Sommer 1941 in das Ghetto Kauen deportiert, die Eltern, die beiden Schwestern und der Bruder, Uri. Mit dem Vormarsch der Roten Armee lösten die Nazis das Ghetto auf, die Überlebenden wurden in verschiedene KZs deportiert.

Mit seinem Bruder kam Chanoch nach Landsberg-Kaufering, ein Außenlager von Dachau, er war gerade einmal elf Jahre alt. Es war hier, als die SS eine Gruppe von insgesamt 131 Buben selektierte. So weit es ihnen möglich war, blieb die Gruppe von nun an beisammen, hielt sich warm, teilte nachts die Decke und tagsüber das karge Essen, sie sprachen litauisch, jiddisch, hebräisch und russisch miteinander. Die Buben zwischen elf und 15 ließen einander nicht mehr los. Doch die allermeisten überlebten das KZ Auschwitz-Birkenau, in das sie später verschleppt wurden, nicht.

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