In Belgrad hat der Künstler seine in der Fläche bisher größte Ausstellung. Und eine seiner schönsten, das Museum ist ideal für Skulpturen. Wurms neueste sind dünnhäutig. Und gemalt.
Die Gin-Flasche auf dem Bartisch, der auf einer unverhältnismäßig großen Essiggurke ruht – weiße Mäuse waren gestern –, ist leer. Wer auch immer hier das bereitstehende Stamperl gekippt hat, wird hier derlei wohl nie wieder tun, und das trotz des grandiosen Ausblicks: Aber Schnapstrinken in Museen ist (offiziell) doch eine rare Gelegenheit. Im Obergeschoß des Belgrader Museums für Gegenwartskunst blickt man dabei auch noch direkt auf das touristische Highlight der Stadt, die historische Festung. Nur der breite Strom der Save liegt dazwischen.
Zehn Jahre lang war das brutalistische Beton-Glas-Gebäude, 1960 von Ivan Antić and Ivanka Raspopović geplant, wegen Renovierung geschlossen. Mit einer großen „Introspektive“ (nicht Retrospektive) Erwin Wurms, seiner flächenmäßig größten Schau bisher, soll das Museum jetzt eine breitere Öffentlichkeit „provozieren“. Nach einer Soloshow von Marina Abramovic, die in ihrer Heimat aber eher als lokales Phänomen betrachtet wird, sei Wurm nun der erste „echte“ internationale Star, der hier ausstelle. Erklärt die 2021 angetretene junge Direktorin Maja Kolarić. Sie kommt aus der überschaubaren Galerien-Szene der Stadt und nach ständig wechselnden Direktoren hat sie sich schließlich auf die erste richtige Ausschreibung des Postens beworben – damals bereits mit einer Wurm-Ausstellung im Konzept. Da kannten sie sich noch gar nicht persönlich.