Deutschland: Gesichtserkennung per Handy am Pranger

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Ein neues Gesetz soll deutsche Bürger in der Öffentlichkeit besser schützen. Auch Internet-Suchanfragen sollen verstärkt anonymisiert werden. Die IT-Branche will einen Verhaltenskodex erstellen.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere will mit einem Gesetz zum Schutz der Persönlichkeitsrechte den Datenschutz im Internet ausweiten. Gleichzeitig stellte der Brachenverband Bitkom am Mittwoch in Berlin einen Entwurf zur Selbstverpflichtung der Geodatendienste vor und entsprach damit Bedenken etwa bei der Veröffentlichung von Straßenansichten.

Regelungsbedarf sieht der CDU-Politiker bei Gesichtserkennungsdiensten. Mit einem internetfähigen Foto-Handy könne man eine Menschen fotografieren und sofort eine Suchanfrage starten. Das heiße, man könne jedermann auf der Straße sofort identifizieren. Dadurch drohe der Verlust der Anonymität in der Öffentlichkeit, warnte der Minister.

Es müssten auch Vorkehrungen geschaffen werden, damit nicht die Suchanfragen Einzelner gesammelt und veröffentlicht würden, erklärte de Maiziere. Schließlich würden diese intime Einblicke ermöglichen. Wer etwa häufiger nach dem Begriff "Anonyme Alkoholiker" suche, laufe Gefahr, als suchtkrank zu gelten, falls seine Internet-Recherchen veröffentlicht würden.

Unzulässig ist in den Augen des Ministers die Erhebung von Standorten. Wer etwa GPS-fähige Handys nutze, verrate damit auch sein Bewegungsprofil. Auch dieses sei aber schützbedürftig.

Schmerzensgeld bei Datenklau

Teil des geplanten Gesetzes soll nach dem Willen des Ministers auch ein neuer Schmerzensgeldanspruch werden. Die Höhe des Schmerzengeldes solle sich an der Höhe der Gewinne durch die Veröffentlichung der persönlichen Daten orientieren. De Maiziere sagte zu, auch Schmerzensgeldforderungen an Privatpersonen zu prüfen, um etwa gegen Mobbing vorzugehen.

Er verbinde mit den Gesetzentwurf zwei Botschaften, sagte de Maiziere: "Es gibt Grenzen, und die Grenze ist eben der Schutz der Persönlichkeit und die Menschenwürde." Daneben gelte aber: "Jenseits der Grenze möchte ich viel Freiheit."

IT-Branche will Verhaltenskodex

Für den Branchenverband Bitkom kündigte Präsident August-Wilhelm Scheer eine zentrale Widerspruchsstelle im Internet gegen die Veröffentlichung von öffentlichen Ansichten an. Nach dem Entwurf eines Kodexes für die Branche sollen demnach Aufnahmen von Häusern auf Wunsch unkenntlich gemacht werden. Ohnehin sollen nur Ansichten mit unkenntlich gemachten Gesichtern und Kfz-Kennzeichen veröffentlicht werden. Das Widerspruchs-Portal solle in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres seine Arbeit aufnehmen, sagte Scheer. Der Kodex werde getragen von der Deutschen Post, Google, der Deutschen Telekom, Microsoft, Nokia, Encourage Directories, Panolife und Panogate. Weitere Unternehmen seien willkommen.

Scheer sagte, Kodex-Details müssten noch geregelt werden, etwa wenn ein Bewohner eines Hauses gegen eine Veröffentlichung sei, ein anderer jedoch dafür. Ein Recht auf Erscheinen werde es aber nicht geben. De Maiziere sagte eine Prüfung des Kodexes zu. Für ihn ist dies aber ein vergleichsweise unbedeutender Teil des Streits um Veröffentlichung sensibler Daten im Internet: "Nichts ist öffentlicher als eine Häuserfassade."

Der Google-dienst Street View hatte vergangenen Monat erste Straßenansichten aus Deutschland ins Internet gestellt und unter anderem Kritik von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner ausgelöst. Datenschützer warfen Google einen Eingriff in den Datenschutz vor. Nach Bitkom-Angaben haben bisher drei Prozent der Hausbesitzer beantragt, die Bilder ihrer Immobilien löschen lassen.

(Ag.)

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