World Ocean Day

Plastik, Riffe, Fischbestand - Wo es im Meer brenzlig wird

Plastik verschmutzt die Meere, gefährdet Ökosysteme und Tiere.
Plastik verschmutzt die Meere, gefährdet Ökosysteme und Tiere.(c) IMAGO/OceanPhoto
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Korallenbleiche, Überfischung, Mikroplastik. Um die Weltmeere scheint es schlecht bestellt. Die dringendsten Probleme und was politisch unternommen wird.

Das Meer ist zurück - zumindest wenn es um die Reisepläne der in den letzten Jahren hierzulande Festsitzenden geht. Ob Badeurlaub an der Adria, Segelturn rund um die Lieblingsurlaubsinsel oder Surfen an der Algarve - nach den etwas mauen zurückliegenden Reisejahren wird das Meer heuer an Küsten, Ufern und Stränden wieder gern besucht.

Dabei ist der Ozean für die Menschen weit mehr als ein beliebtes Ausflugsziel: Auch fürs Überleben der Menschheit sind die Meere von Bedeutung. Zu immerhin 70 Prozent ist die Erde mit Wasser bedeckt. Die Meere produzieren nicht nur viel Sauerstoff, sondern sind auch Quelle für Nahrung, Rohstoffe und Energie. Rund um den am 8. Juni von der Uno begangenen „World Ocean Day“, dem Welttag der Ozeane (heuer unter dem Motto „Revitalization“), scheint es um das Befinden der Weltmeere allerdings schlecht bestellt.

Korallenriffe in Gefahr

Zuletzt sorgte etwa das weltberühmte Korallenriff Great Barrier Reef an der Nordostküste Australiens für besorgniserregende Schlagzeilen:  Aufgrund steigender Temperaturen der Meere fand sich das Naturwunder zum bereits sechsten Mal von Korallenbleiche betroffen, die vierte massive Bleiche seit 2016. „Die Zukunft des Great Barrier Reef steht auf Messers Schneide, aber es ist noch nicht zu spät, es zu retten“, sagt dazu Anna Marsden, Direktorin der Stiftung „Great Barrier Reef Foundation“, anlässlich des Welttags der Ozeane.

Ein erbleichte Koralle im Great Barrier Reef im März 2022.
Ein erbleichte Koralle im Great Barrier Reef im März 2022.(c) AFP or licensors

Ihr zufolge wurden in allen drei Regionen des Riffs Korallenbleichen gemeldet, eine Erholung der betroffenen Korallen sei aber nicht ausgeschlossen. Die Korallen stoßen bei schwierigen Bedingungen die für die Färbung sorgenden Algen ab, mit denen sie sonst zusammenleben. Gebleichte Korallen sind extrem gestresst, aber - und das ist die gute Nachricht - sie leben noch. Verbessern sich die stressenden Bedingungen, in diesem Fall die Meerestemperatur, aber auch Wasserqualität, Unwetter oder andere Faktoren, können sich Korallen wieder erholen. Derzeit versucht man sich an Lösungen wie der Kühlung und Beschattung der Riffe, der Zucht von hitzetoleranten Korallen oder dem Verabreichen von Probiotika an die Korallen.

Das Great Barrier Reef sei zwar stark in Mitleidenschaft gezogen, aber noch lange nicht tot, betont die Marineparkbehörde (GBRMPA). „Berichte, die sich darauf konzentrieren, „wie viel vom Riff gestorben ist“, implizieren Endgültigkeit“, heißt es auf der Webseite. Es handle sich aber um rund 3000 Riffe, die sich über 14 Breitengrade verteilten - und somit nicht um ein einzelnes Lebewesen, sondern ein enormes Ökosystem. „Das Gebiet ist größer als Großbritannien, die Schweiz und die Niederlande zusammen.“ 

Ein Meer von Plastik

Während also bei den Korallenriffen in Gefahr noch Hoffnung besteht, erschrecken Bilder von sich sammelndem Müll im Ozean bereits jetzt. Laut der die UN beratenden Organisation „Ocean Care“ ist das vor allem Müll aus Plastik. Rund neun Millionen Tonnen davon würden jedes Jahr ihren Weg ins Meer finden, und schließlich auf entlegenen Stränden, aber auch in der Arktis landen. Diese sei, einer aktuellen Studie des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) zufolge, mittlerweile ähnlich stark mit Plastik verschmutzt wie dicht besiedelte Gebiete. Hohe Konzentrationen von Mikroplastik fänden sich im Wasser, am Meeresboden, an unbewohnten Stränden, in Flüssen und selbst in Eis und Schnee, berichteten die Forschenden im Fachmagazin „Nature Reviews Earth & Environment“. Von unberührter Wildnis also längst keine Spur mehr.

Ein Großteil des Plastikmülls im europäischen Teil der Arktis kommt der Übersichtsstudie zufolge aus der Fischerei: Netze und Seile würden absichtlich im Meer entsorgt oder gingen verloren. Müll gelange aus arktischen Siedlungen ins Meer, komme aber auch von weit her. Insbesondere Ozeanströmungen aus dem Atlantik und der Nordsee sowie über die Beringstraße aus dem Nordpazifik tragen demnach zum Zustrom bei. Auch die Flüsse brächten Plastik mit, unter anderem aus Sibirien.

Weil Plastik besonders stabil ist, reichert es sich in den Ozeanen an und zerfällt mit der Zeit in immer kleinere Teile. Und die Müllflut könnte sich noch verstärken. „Ocean Care“ prognostiziert, dass bis zum Jahr 2050 das Gewicht des im Meer treibenden Plastikmülls jenes der Fische im mehr überholen wird.

Eine Aufräumaktion an einem Strand von Bali im Jahr 2021.
Eine Aufräumaktion an einem Strand von Bali im Jahr 2021.(c) 2021 Getty Images

Und die Fische?

Die Plastikverschmutzung und die Erhitzung der Meere macht speziell auch den Bewohnern des Ozeans, den Fischen und Meeressäugern, zu schaffen. Dabei warnen Umweltorganisationen schon seit Jahrzehnten vor sinkenden Fischbeständen und ausgebeuteten Populationen durch Überfischung. Laut der Welternährungsorganisation der Uno sind 89 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände bis an die Grenzen befischt, überfischt oder bereits zusammengebrochen. Einer aktuellen Verbraucherstudie des Marktforschungsinstituts GlobeScan zufolge ist das Bewusstsein dafür auch bei den Endkonsumentinnen und -konsumenten angekommen. Knapp 90 Prozent aller Menschen weltweit würden sich angesichts des Zustands der Weltmeere besorgt zeigen. Nachhaltigkeitszertifikate wie das MSC-Siegel (Marine Stewardship Council), die nachhaltigen Fischfang versprechen, werden von Umweltorganisationen wie Greenpeace oder dem WWF nach wie vor kritisch betrachtet. Auch MSC-Flotten würden teilweise in überfischten Gewässern unterwegs sein und jede Menge Beifang produzieren, hieß es etwa im Frühjahr von Greenpeace.

Was sich politisch tut

Der Schutz der Weltmeere steht zumindest pro forma auf der Liste der internationalen Staatengemeinschaft. Beim „One Ocean Summit“ diesen Februar wurde auf internationaler Ebene beraten, was gegen Plastikmüll oder Überfischung unternommen werden sollte. So wollten sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsam mit weiteren Ländern dafür einsetzen, dass noch in diesem Jahr ein Abkommen zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der Biodiversität auf hoher See geschlossen wird. Verhandelt wird ein solches internationales rechtsbindendes Abkommen bei den Vereinten Nationen im August.

Schon diesen Juni könnte bei einer Sitzung der Welthandelsorganisation ein Abkommen zur Abschaffung schädlicher Fischereisubventionen kommen, Verhandlungen darüber werden seit zwanzig Jahren geführt.

(APA/dpa/chrima)

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