Geldpolitik

Die verwischten Grenzen des EZB-Mandats

Die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) steht im frühen Morgenlicht
Die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) steht im frühen MorgenlichtAPA/dpa/Frank Rumpenhorst
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Die EZB hat das Mandat, für Preisstabilität zu sorgen. Aber trotz hoher Inflation steigt sie nur zögerlich aus ihrer expansiven Geldpolitik aus. Woran das liegt.

Es ist keine schöne Situation für die Europäische Zentralbank (EZB). Die Inflation ist hoch, und eigentlich müssten die Währungshüter die Zinsen anheben, um sie wieder näher an den Zielwert von zwei Prozent zu drücken. Aber die Wirtschaft stottert ob des russischen Angriffs auf die Ukraine, und eine Zinserhöhung würde die Konjunktur zusätzlich abschwächen. Zumal die EZB gegen eine importierte Teuerung – bisher waren ja vor allem die hohen Energiepreise schuld an den Preissteigerungen – nur vorgehen kann, indem sie die Wirtschaft bremst und die Nachfrage nach Energie damit verringert. Direkt bei den Energiepreisen kann die Zentralbank nicht eingreifen.

Erhöht die EZB die Zinsen nicht, droht die Inflation im Euroraum sich über Zweit- und Drittrundeneffekte zu verfestigen. Sitzt die Erwartung steigender Preise nämlich einmal in den Köpfen der Marktteilnehmer fest, werden diese versuchen, den eigenen Wohlstandsverlust in Grenzen zu halten. Arbeitnehmer fordern hohe Lohnerhöhungen, und Unternehmen erhöhen ihrerseits die Preise. Erhöht die EZB jedoch die Zinsen, steigen die Refinanzierungskosten vor allem für südliche EU-Länder wie Italien oder Griechenland. Keine einfache Position für die EZB, die viel zögerlicher gegen die Inflation ankämpft als etwa die US-Notenbank, die bereits einen kräftigen Zinsschritt gesetzt hat. Wobei steigende Löhne in den USA bereits für eine zusätzliche Inflationsdynamik sorgen.

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