"Untätigkeit"

SPÖ fordert sofort 228 Millionen für den Gewaltschutz

Das dringend benötigte Geld tröpfle nur sehr langsam, kritisiert Yildirim.
Das dringend benötigte Geld tröpfle nur sehr langsam, kritisiert Yildirim.APA/EXPA/JOHANN GRODER
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Das zögerliche Verhalten der Regierung würde Menschenleben kosten, sagt Abgeordnete und Justizsprecherin Selma Yildirim. Sie fordert nachhaltige Gewaltschutzstrukturen und mehr Gewaltambulanzen.

Angesichts steigender Gewalt an Frauen und Femiziden hat die SPÖ erneut die türkis-grüne Bundesregierung ins Visier genommen und ihr Untätigkeit vorgeworfen. "Das zögerliche Verhalten kostet Menschenleben", übte Abg. Justizsprecherin Selma Yildirim am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck scharfe Kritik. Yildirim forderte die sofortige Auszahlung von 228 Millionen Euro für nachhaltige Gewaltschutzstrukturen sowie die flächendeckende Schaffung von Gewaltambulanzen.

Zudem erneuerte die Nationalratsabgeordnete und Vorsitzende der Tiroler SPÖ-Frauen die Forderung nach 3000 zusätzlichen Vollzeitstellen im Bereich des Gewaltschutzes. Bisher seien von den dringend benötigten 228 Millionen Euro nur 25 Millionen Euro von der Bundesregierung beschlossen worden. "Im ersten Jahr ist nirgends etwas angekommen. Und auch jetzt tröpfelt das Geld nur sehr langsam", griff Yildirim Türkis-Grün frontal an. Kurzfristig brauche es zudem unter anderem eine "Verbesserung der Schnittstellen" zwischen Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichten und etwa dem Verein "Neustart". Langfristig müsse gegen die wirtschaftliche Abhängigkeit der Frauen angekämpft werden, die das "Hauptübel" sei.

Schaffung von Gewaltambulanzen nötig

Für essenziell im Bereich des Gewalt- und Opferschutzes hielt die SPÖ-Politikerin die Schaffung von rechtsmedizinischen Gewaltambulanzen. Bisher gebe es in Österreich nur eine - nämlich in Graz. Dadurch sollen professionell Beweise gesichert und Verletzungen dokumentiert werden. Dies könne dann später in einem Gerichtsverfahren verwendet werden. Sollte es dort "Aussage gegen Aussage" heißen, wäre die Dokumentation unmittelbar nach der Gewalttat ein wichtiges Beweismittel. Bei Vorhandensein einer solchen Gewaltambulanz würden sich Frauen wohl auch eher trauen, in eine Klinik zu gehen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, erklärte die Geschäftsführerin des Gewaltschutzzenturms Tirol, Eva Pawlata.

Dass auch die SPÖ angesichts ihrer langen Regierungsbeteiligung auf Bundesebene zu wenig gegen Gewalt an Frauen unternommen habe, stellte Yildirim indes in Abrede: Man regiere auf Bundesebene schon seit dem Jahr 2017 nicht mehr, in Tirol seit 2013. Der Erfahrung der Sozialdemokraten zufolge, sei der Aufbau einer nachhaltigen Gewaltschutzstruktur zudem bisher immer an der ÖVP, ihrer konservativen Zugangsweise und ideologiegetriebenen Politik gescheitert.

Generell sei Gewalt an Frauen in Österreich immer noch viel zu sehr ein Tabuthema. Dies hänge auch mit der Stellung der Frau in der Gesellschaft zusammen. In skandinavischen Ländern beispielsweise sei man dahingehend schon weiter, ergänzte Pawlata. Dort würden weniger Frauenmorde passieren und würden auch die Anzeigen wegen Gewaltdelikten viel häufiger vorkommen. Eben aufgrund der Tatsache, dass es sich weniger um ein Tabuthema handle als hierzulande, so Yildirim und Pawlata unisono.

Bis Jahresende neues Strafrechts-Programm

Die SPÖ will bis Jahresende ihre Vorstellungen für ein "modernes Strafrecht" auf den Tisch legen. Dies kündigte die sozialdemokratische Justizsprecherin im Nationalrat, Selma Yildirim, am Donnerstag am Rande einer Pressekonferenz in Innsbruck an. Das rote Programm werde jedenfalls keine Tendenz zu höheren Strafen bzw. Strafverschärfungen aufweisen, stellte Yildirim klar.

Stattdessen gehe es um eine effektivere Handhabung, damit mutmaßliche Täter letzten Endes größere Angst haben bzw. die Gefahr sehen, "erwischt werden zu können". Im Zentrum der SPÖ-Vorstellungen, die derzeit in kleinen Gruppen mit internen und externen Experten erarbeitet werden, stehe auch das Ziel eines besseren Zugangs zum Recht sowie die Prozessbegleitung. Man wolle die Verfahrenshilfe verbessert sehen und diese nicht nur auf einige Themenfelder beschränken, so die SPÖ-Justizsprecherin. Auch dort, wo keine Anwaltspflicht vorgesehen ist, brauche es vielfach eine rechtliche Vertretung.

Angesprochen auf den Hacker-Angriff auf das Land Kärnten, sprach sich Yildirim zudem für einen effektiveren Schutz gegen Cyberkriminalität aus. Auch dies werde Teil des neuen Programmes sein. Ebenso wie verstärkte personelle und finanzielle Ressourcen für die Justiz. Die Vorstellungen der Oppositionspartei zum Strafrecht sollen bereits Mitte September in einer Enquete des SPÖ-Parlamentsklubs diskutiert werden.

(APA)

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