Geldpolitik

Die EZB leitet die Zinswende ein

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Wie erwartet lässt die Zentralbank das Anleihenkaufprogramm per Anfang Juli auslaufen. Ebenfalls in dem Monat soll es die erste Zinserhöhung geben, auf die im September fix eine zweite folgt. Diese kann auch größer ausfallen.

Die Zinswende ist da. Das ist das Ergebnis der jüngsten Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) vom Donnerstag. Alles andere wäre auch eine große Überraschung gewesen. So lag die Inflation in der Eurozone zuletzt bei 8,1 Prozent – also dem Vierfachen des EZB-Ziels von zwei Prozent, weshalb immer mehr nationale Notenbanker eine Änderung bei der bisherigen ultralockeren Geldpolitik forderten. Diese Änderung wird ohnehin eher gemächlich erfolgen, wie der Fahrplan zeigt, den die EZB am Donnerstag veröffentlichte.

Wie bereits mehrfach von EZB-Präsidentin Christine Lagarde angekündigt, muss als erster Schritt das Anleihenkaufprogramm beendet werden. Das soll per 1. Juli erfolgen. Im Juni wird die Zentralbank noch einmal 20 Mrd. Euro in die Märkte pumpen und damit die inflationäre Entwicklung weiter anheizen. Lagarde hatte in der Vergangenheit jedoch immer wieder betont, dass ein Auslaufen des Anleihenkaufprogramms frühestens im dritten Quartal möglich sei.

Erster Zinsschritt im Juli

Danach soll es jedoch verhältnismäßig schnell gehen. Denn bereits bei der nächsten EZB-Sitzung am 21. Juli soll es auch den ersten Zinsschritt geben. Die EZB plant dabei eine Anhebung der wichtigsten Zinssätze um 0,25 Prozentpunkte. In anderen Worten: der Leitzins soll im Juli von null auf 0,25 Prozent angehoben werden, wodurch die seit März 2016 dauernde Phase der Nullzinsen in der Eurozone beendet wäre. Der Einlagezinssatz (jener Zins, den Banken für Geld erhalten oder zahlen, das sie bei der EZB parken) würde demnach von derzeit minus 0,5 Prozent auf minus 0,25 Prozent ansteigen.

Aber auch für das weitere Vorgehen im Herbst wurden am Donnerstag bereits erste Entscheidungen getroffen. So wird es im September definitiv einen weiteren Zinsschritt geben, heißt es bei der EZB. Und dieser könnte – wenn der mittelfristige Inflations-Ausblick weiterhin hoch ist – auch „größer“ ausfallen. Übersetzt bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass es im September sogar zu einem Zinsschritt um 0,5 Prozentpunkte kommt. Für die Zeit nach September will man im Herbst die Lage mit den dann aktuellen Daten zu Inflation und Konjunktur neu beurteilen. An den Märkten wird jedenfalls mit einem weiteren Schritt im Oktober oder Dezember gerechnet, sodass gegen Ende dieses Jahres die Leitzinsen in der Eurozone zwischen 0,75 und einem Prozent liegen dürften.

„Inflationsdruck wurde breiter“

Grund für die Änderung in der Geldpolitik ist, dass die Inflationsprognosen der EZB nun auch für das Jahr 2024 eine Teuerungsrate von über zwei Prozent vorhersagen. „Der Inflationsdruck wurde breiter. Viele Güter und Dienstleistungen wurden teurer“, so Lagarde bei der Präsentation der Entscheidungen des EZB-Rates. Konkret erwarten die EZB-Ökonomen für heuer eine Jahresinflationsrate von 6,8 Prozent. 2023 soll sich dieser Wert auf 3,5 Prozent reduzieren und 2024 weiter auf 2,1 Prozent sinken.

„Wir werden dafür sorgen, dass die Inflation mittelfristig wieder auf zwei Prozent sinkt“, so Lagarde. Die EZB stehe bereit, sämtliche Instrumente anzupassen, sodass das Ziel der Preisstabilität erreicht werde. Die EZB folgt mit den nun beschlossenen Maßnahmen rund vier Monate später den USA, wo die Notenbank Federal Reserve bereits im März die Zinswende eingeleitet hat. Da es in den USA inzwischen auch bereits zu einer Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte gekommen ist, liegt der Zinssatz dort bereits in der Spanne von 0,75 bis einem Prozent.

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