Insolvenz

Mehr als eine Milliarde Euro für Wirecard-Gläubiger

REUTERS
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Der Insolvenzverwalter des Zahlungsdienstleisters hat weitere rund 227 Millionen Euro gesichert, die die Wirecard AG auf den Konten der ehemaligen Tochter Wirecard Bank geparkt hatte.

Die Chancen der Gläubiger der insolventen Wirecard auf die Begleichung eines größeren Teils ihrer Forderungen steigen. Der Insolvenzverwalter des Zahlungsdienstleisters, Michael Jaffe, hat fast 227 Millionen Euro gesichert, die die Wirecard AG auf den Konten der ehemaligen Tochter Wirecard Bank geparkt hatte. Das geht aus dem jüngsten Sachstandsbericht Jaffes per Ende Mai hervor, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.

Die Finanzaufsicht BaFin hatte das Geld nach der Pleite zunächst eingefroren, es aber mittlerweile freigegeben, nachdem bei der Abwicklung der Bank keine wesentlichen weiteren Risiken mehr zutage traten. Insgesamt hat Jaffe im Zuge des Insolvenzverfahrens damit nach Reuters-Berechnungen mehr als eine Milliarde Euro erlöst.

Die Forderungen der Gläubiger und Aktionäre sind aber ungleich höher. Wie hoch die Insolvenzquote ausfallen könnte, sei derzeit ebensowenig absehbar wie der Zeitpunkt, zu dem die Gläubiger mit ersten Abschlagszahlungen rechnen könnten, heißt es in dem Bericht.

1,6 Milliarden Euro sollen liquidiert werden

Ab 1. Juli soll die Wirecard Bank, auf deren Konten vor zwei Jahren noch 1,64 Mrd. Euro lagen, liquidiert werden. Daraus seien möglicherweise weitere Erlöse zu erwarten, hieß es im Bericht des Insolvenzverwalters. Ein Käufer für die Wirecard-Tochter hatte sich nicht gefunden. Die spanische Bank Santander übernahm nur das Kerngeschäft von Wirecard mit der Zahlungsabwicklung sowie zahlreiche Mitarbeiter, wollte aber nur einzelne Kunden behalten. Die BaFin hatte sich aber dagegen entschieden, auch die Wirecard Bank in die Insolvenz zu schicken, sondern dafür, das Geschäft geordnet herunterzufahren. Das sei nun so gut wie abgeschlossen, berichtete Jaffe.

Er hatte bereits mit dem Verkauf werthaltiger Tochterfirmen rund 850 Mio. Euro erlöst, die den Gläubigern von Wirecard und verschiedener Töchter zugutekommen. Doch wer im Insolvenzverfahren überhaupt Ansprüche anmelden kann, ist offen. Sehr umstritten ist vor allem die Frage, ob auch die Aktionäre als Gläubiger zu behandeln sind. Von ihnen stammen rund 39.000 der 40.000 Forderungsanmeldungen, insgesamt fordern sie dem Bericht zufolge für ihre Kursverluste 6,7 Mrd. Euro. Wirecard war vor fast zwei Jahren angesichts eines Bilanzlochs von 1,9 Mrd. Euro zusammengebrochen.

Wirecard schrieb offenbar jahrelang Verluste

Insolvenzverwalter Jaffe hält es inzwischen für erwiesen, dass das angeblich florierende Asien-Geschäft nie existiert hat und Wirecard tatsächlich seit Jahren Verluste schrieb. Er geht auch gegen den ehemaligen Vorstandschef und Österreicher Markus Braun vor. Das Landgericht München I bestätigte am Donnerstag den Vermögensarrest, den Jaffe Ende 2021 über bis zu 140 Mio. Euro aus dem Privatvermögen von Braun erwirkt hatte.

Auch die Münchner Staatsanwaltschaft, die Braun wegen der Pleite des Zahlungsabwicklers angeklagt hat, hat sein Vermögen einfrieren lassen. Jaffe zielt vor allem auf Immobilien Brauns in dessen Heimat Österreich und in Frankreich ab, auf die die deutschen Behörden nur eingeschränkt Zugriff haben.

Der Wirecard-Chef hatte noch wenige Monate vor dem Zusammenbruch einer zweifelhaften Firma in Singapur Kredite über 200 Mio. Euro gegeben, obwohl diese schon mit Zahlungen im Rückstand war. Letztlich flossen nur 60 Mio. Euro zurück.

Braun sitzt seit fast zwei Jahren in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft hält ihn für einen der Hauptverantwortlichen für den jahrelangen Bilanzbetrug bei Wirecard.

(APA)

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