Interview

Migrationsexperte: "Staatsbürgerschaft hat an Attraktivität verloren"

Kenan Güngör hält das derzeitige Konzept der Staatsbürgerschaft für veraltet. Er plädiert für eine Wohnbürgerschaft, bei der Zugezogene nach einer gewissen Zeit auch an Wahlen teilnehmen können.
Kenan Güngör hält das derzeitige Konzept der Staatsbürgerschaft für veraltet. Er plädiert für eine Wohnbürgerschaft, bei der Zugezogene nach einer gewissen Zeit auch an Wahlen teilnehmen können.Clemens Fabry
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Die Hürden für die Einbürgerung sind hoch, sagt Kenan Güngör – abgeschreckt würden davon aber genau jene, die schon gut integriert sind.

Die Presse: ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner hat geschrieben, dass Österreich unter vielen Asylanträgen „leidet“, und wurde dafür angefeindet. Ist es nicht legitim, auf die Folgen der wieder steigenden Zahlen hinzuweisen?
Kenan Güngör: Seit vergangenem Jahr ist die Zahl der asylsuchenden Menschen gestiegen – ganz unabhängig vom Krieg in der Ukraine. Von daher ist ein Aufgreifen dieser Thematik nachvollziehbar. Die Frage ist, wie wir darüber sprechen. Mit dem Begriff „leiden“ kommt es zu einem unverhältnismäßigen Konkurrenzkampf, wer mehr leidet. Aber diejenigen, die wirklich gelitten haben, sind die, die ihre Heimat verloren haben oder geflüchtet sind, und nicht Österreich.

Das heißt aber nicht, dass Österreich nicht trotzdem einiges bewältigen muss.

Asyl und Flucht sind natürlich eine Belastung, etwa für soziale Sicherungssysteme. Wenn Menschen flüchten, kommen wir als Solidargesellschaft in der ersten Zeit für sie auf. Ein Teil schafft es, auf eigenen Beinen zu stehen, und leistet einen Beitrag zur Gesellschaft. Ein anderer stagniert und kann sozial und ökonomisch eine Belastung sein. Man sollte zwischen strukturellen Belastungen und menschlichem Leid unterscheiden.

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