Schwere Vorwürfe

"Putschversuch": U-Ausschuss macht Trump für Kapitol-Sturm verantwortlich

Im US-Kongress haben die öffentlichen Anhörungen des Untersuchungsausschusses zum Sturm auf das US-Kapitol begonnen. Anhänger des abgewählten Präsidenten hatten am 6. Januar 2021 gewaltsam den Parlamentssitz in der Hauptstadt Washington gestürmt. (Archivbild)
Im US-Kongress haben die öffentlichen Anhörungen des Untersuchungsausschusses zum Sturm auf das US-Kapitol begonnen. Anhänger des abgewählten Präsidenten hatten am 6. Januar 2021 gewaltsam den Parlamentssitz in der Hauptstadt Washington gestürmt. (Archivbild) (c) APA/AFP/GETTY IMAGES/SAMUEL CORUM
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Der Untersuchungsausschuss sieht die Verantwortung für die Erstürmung des Kapitols im Januar 2021 bei Donald Trump. Damals habe der abgewählte Präsident die Demonstranten zu den Ausschreitungen "angestachelt".

Der Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols hat in einer ersten öffentlichen Anhörung neue Erkenntnisse zu den Hintergründen der Attacke offengelegt und Ex-Präsident Donald Trump weiter belastet. In der Sitzung am Donnerstagabend (Ortszeit) zeigte das Gremium Videomaterial und Ausschnitte aus Befragungen früherer Mitglieder der Trump-Regierung. So bezeichnete etwa Ex-Justizminister William Barr die Wahlbetrugsbehauptungen Trumps als Schwachsinn ("Bullshit").

Die Ausschussmitglieder warfen Trump vor, dieser habe mit seinen Betrugsbehauptungen den wütenden Mob angetrieben. Der Ausschussvorsitzende Bennie Thompson sprach von einem "Putschversuch": „Der 6. Januar war der Höhepunkt eines Putschversuchs, eines dreisten Versuchs, wie es ein Schriftsteller kurz nach dem 6. Januar formulierte, die Regierung zu stürzen."

Ausschussvorsitzender Bennie Thompson und Vize-Vorsitzende Liz Cheney
Ausschussvorsitzender Bennie Thompson und Vize-Vorsitzende Liz Cheney (c) APA/AFP/GETTY IMAGES/WIN MCNAMEE

Mehrere Tote bei Sturm auf Kapitol

Anhänger des damaligen republikanischen Präsidenten Trump hatten am 6. Januar 2021 den Parlamentssitz in der Hauptstadt Washington erstürmt. Sie wollten verhindern, dass der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden vom November 2020 bestätigt wird. Bei der Attacke kamen damals mehrere Menschen ums Leben, Dutzende wurden verletzt.

Trump hatte seine Anhänger kurz zuvor bei einer Kundgebung damit aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei. Der Präsident musste sich deswegen einem Amtsenthebungsverfahren stellen, an dessen Ende er freigesprochen wurde. Der Untersuchungsausschuss im Kongress wurde im Sommer 2021 eingesetzt, um die Hintergründe des Angriffs auf das Kapitol aufzuklären.

Trump soll Aufstand über Monate geplant haben

Die Vize-Ausschusschefin, die Republikanerin und Trump-Kritikerin Liz Cheney, sagte, die Attacke sei "kein spontaner Aufstand" gewesen. "Präsident Trump hat den Mob herbeigerufen, den Mob versammelt und die Flamme dieses Angriffs entzündet." Über Monate habe Trump einen ausgeklügelten Plan koordiniert, den Ausgang der Präsidentenwahl zu kippen und die Machtübergabe an seinen Nachfolger zu verhindern.

Der Untersuchungsausschuss hatte über Monate hinter verschlossenen Türen Hunderte Zeugen befragt und große Mengen an Dokumenten und Beweismaterial gesichtet. In der öffentlichen Sitzung wurden erstmals Ausschnitte der Befragungen gezeigt - unter anderem von Barr. Darin sagte der Ex-Justizminister mit Blick auf Trumps Behauptungen zum Wahlbetrug, er habe mehrere Gespräche mit ihm zu dem Thema gehabt: "Ich habe deutlich gemacht, dass ich nicht damit einverstanden bin, dass behauptet wird, die Wahl sei gestohlen worden, und dass dieses Zeug verbreitet wird, von dem ich dem Präsidenten gesagt habe, dass es Schwachsinn (Original: "Bullshit") ist." Behauptungen dieser Art nannte Barr "verrückt".

Der Ausschuss zeigte auch den Video-Mitschnitt einer Befragung von Trumps Tochter Ivanka.
Der Ausschuss zeigte auch den Video-Mitschnitt einer Befragung von Trumps Tochter Ivanka.(c) REUTERS

Der Ausschuss zeigte auch den Video-Mitschnitt einer Befragung von Trumps Tochter Ivanka. Gefragt nach Barrs Aussagen sagte sie, dessen Einschätzung habe durchaus Auswirkungen auf ihre Sichtweise gehabt. Sie respektiere Barr. "Also akzeptierte ich, was er sagte."

Sympathie für Drohungen gegen Pence?

Das Gremium legte offen, Trump habe sich während des Sturms auf das Kapitol positiv über Drohungen seiner Anhänger gegen Vizepräsident Mike Pence geäußert. Cheney sagte unter Berufung auf Erkenntnisse des Gremiums, Trump habe von den Drohungen gewusst und dazu gesagt: "Vielleicht haben unsere Anhänger die richtige Idee." Pence verdiene es, zitierte Cheney Trump weiter. Pence hatte am 6. Jänner 2021 in seiner Rolle als Vizepräsident die Kongresssitzung geleitet, bei der Bidens Wahlsieg bestätigt wurde. Trumps Anhänger suchten damals im Gebäude auch nach Pence, den sie als Verräter beschimpften und zu hängen drohten, weil er Bidens Bestätigung nicht verhinderte.

Pence war nach Erkenntnissen des Ausschusses derjenige, der am Ende die Nationalgarde zur Unterstützung anforderte, um die Lage am Kapitol unter Kontrolle zu bringen. Dies gab Generalstabschef Mark Milley in seiner Befragung an, aus der ebenfalls Ausschnitte gezeigt wurden. Das Weiße Haus habe es jedoch so darstellen wollen, als habe Trump die Entscheidung getroffen, hieß es weiter.

Nächste Anhörung am Montag

Bei der Ausschusssitzung sagten außerdem live zwei Zeugen aus: Eine Polizistin, die bei der Kapitol-Attacke verletzt worden war, erzählte auf eindrückliche Weise von ihren traumatischen Erlebnissen. Und ein Dokumentarfilmer, der am Tag des Angriffs Mitglieder der rechten Miliz "Proud Boys" begleitet hatte, berichtete von seinen Erfahrungen. Die "Proud Boys" und die rechte Gruppierung "Oath Keepers" spielten nach Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses eine entscheidende Rolle bei der Attacke. Sie seien teils in voller Kampfausrüstung erschienen und hätten den Angriff koordiniert. Mitglieder beider Gruppen wurden nach der Erstürmung festgenommen und angeklagt. Die Verfahren laufen größtenteils noch.

In den kommenden Wochen sollen weitere öffentliche Anhörungen des Gremiums folgen. Die nächste Sitzung ist für Montag angesetzt.

(APA/AFP/dpa)

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