Holz als Baustoff? Das Forum am Seebogen in Wien Aspern zeigt, dass weder Materialien noch Technologie allein den Ausschlag geben. Entscheidend wäre systemisches Denken.
Die Seestadt Aspern bezeichnet sich gern als das größte Städtebauprojekt Österreichs. Im Endausbau sollen hier 25.000 Menschen wohnen und 20.000 Ausbildungs- und Arbeitsplätze angesiedelt sein. Die 3420 Aspern Development AG, die das Projekt entwickelt, steht im öffentlichen Eigentum, wobei der Stadt Wien 75 Prozent der Anteile gehören und der Bundesimmobiliengesellschaft 25 Prozent. Wer ein so großes Bauvolumen dirigiert, kann sich einzelne Experimente leisten, was die 3420 AG auch tut. Manche missglücken, wie etwa der Plan, einen Campus der Religionen in Verbindung mit einer Kirchlich-Pädagogischen Hochschule zu errichten: Das Projekt, für das schon ein Architekturwettbewerb stattgefunden hatte, scheiterte schließlich an der Finanzierung. Anderes gelingt, wie etwa ein Hochhaus namens HoHo, das sich als höchstes Holzhaus Österreichs bezeichnen darf, auch wenn es sich eigentlich um eine Mischkonstruktion mit hohem Holzanteil handelt. Auch das „Forum am Seebogen“ ist ein Sonderprojekt, bei dem Holz schließlich eine zentrale Rolle spielte. Ursprünglich ging es weniger um den Werkstoff, sondern um das modulare und damit schnelle Bauen. Die 3420 AG wollte mit dem Projekt vor allem testen, ob sich Bauzeiten und damit die Lärmbelastung der Anrainer drastisch auf sechs Monate reduzieren ließen. In der Projektentwicklung kann es laut 3420 AG sinnvoll sein, ein Baufeld vorerst frei zu halten, um es temporär anders, etwa als sozialen „Hub“, zu bespielen, bis die umliegenden Wohnbauten realisiert sind. Bei der Errichtung des „Schlusssteins“ kommt es dann auf kurze Bauzeiten an, um die Nachbarn nicht zu belasten. Den Namen „Forum“ erhielt das Projekt, weil es kein üblicher Wohnbau ist: Nur 80 Prozent der knapp 1800 m? Nutzfläche sind Wohnungen, der Rest Büros, die im Haus verteilt sind, und ein großes Lokal im Erdgeschoß, das bis Jahresende von der Internationalen Bauausstellung Wien als Quartierszentrum für den IBA-Standort Seestadt genutzt wird. Die unmittelbare Nähe des Bauplatzes zur U-Bahnstation prädestiniert ihn für eine solche halböffentliche Nutzung.
Im Bauträgerwettbewerb, der 2017 stattfand, mussten nicht nur – wie in Wien im geförderten Wohnbau üblich – Bauträger und Architekten gemeinsam antreten, sondern als dritten Partner den Hersteller der vorgefertigten Elemente mit Preisgarantie mitbringen. Dass am Ende alle Projekte der engeren Wahl in Holz konstruiert waren, ist bezeichnend für den aktuellen Trend. Das Image des Betons, der wahrscheinlich nach wie vor das größte Volumen an vorgefertigten Bauelementen produziert, ist schwer angeschlagen; mit Stahl assoziiert man in der Modulvorfertigung bestenfalls den Container als temporäre Unterkunft. Holz gilt dagegen als ökologischer, weil nachwachsender Baustoff.