Von der Revolution von 1848 bis zum Börsenkrach von 1873, von der FPÖ bis zu den Neos: wie der Liberalismus in Österreich entstand und was daraus wurde. Spuren hinterließ er weniger in der politischen Praxis als vielmehr in der volkswirtschaftlichen Theorie.
Der Regent der Stunde war der Liberalismus. „Sei es der ständische Liberalismus adeliger Prägung, der die Revolution einleitete, der eine schwimmende Grenze zwischen dem konservativen Liberalismus und dem aufgeklärten Konservativismus aufwies. Sei es als Liberalismus der Intelligenz, unter der Decke des rigiden Metternich-Systems aufgeheizt, gierig, sich endlich öffentlich äußern zu können; ein deklassiertes Bildungsbürgertum, im Vormärz rasch angewachsen (vor allem die Juristen), die Studenten, die jungen Doktoren, die Schriftsteller – sie wollen eine andere Universität, eine andere Gesellschaft. Sei es der gemäßigte ideologische Liberalismus des Besitzbürgertums, der etwas mehr Freiheit und weniger Staatsregulierung wollte, den Weg freischaufeln für die industriekapitalistische Marktgesellschaft. Sei es der diffuse Liberalismus der überall in Gang befindlichen bäuerlichen Revolution, der unter Freiheit das Verweigern der Leistungen an den Grundherrn und das eigene Jagdrecht verstand.“ Das schreiben die Historiker Ernst Hanisch und Peter Urbanitsch zur Revolution von 1848 in ihrem Beitrag zum Tausende-Seiten-Wälzer „Die Habsburgermonarchie 1848–1918“, einem Standardwerk in jeder Hinsicht.
Was wurde aus dieser als bürgerlich bezeichneten (wiewohl auch die Arbeiterschaft mitzog) Revolution von 1848? Eine Niederlage und ein Siegeszug zugleich. Widersprüchlich wie die Geschichte des Liberalismus in Österreich an sich. Auf die Revolution folgte die Restauration, der Neoabsolutismus des jungen Kaisers Franz Joseph. Doch der Geist des Liberalismus, einmal eingedrungen in die Köpfe, ging nicht mehr weg.