Kopf-an-Kopf-Rennen

Parlamentswahl in Frankreich: Macron-Lager nur hauchdünn vor Linksbündnis

Emmanuel Macron bei der Stimmabgabe am Sonntag. Der französische Präsident Emmanuel muss nach der ersten Runde der Parlamentswahl um die absolute Mehrheit seines Bündnisses fürchten.
Emmanuel Macron bei der Stimmabgabe am Sonntag. Der französische Präsident Emmanuel muss nach der ersten Runde der Parlamentswahl um die absolute Mehrheit seines Bündnisses fürchten.APA/AFP/POOL/LUDOVIC MARIN
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Macrons Partei kommt mit ihren Verbündeten auf 25,75 Prozent der Stimmen. Das neue Linksbündnis Nupes von Jean-Luc Mélenchon liegt nahezu gleich auf.

Das liberale Bündnis von Präsident Emmanuel Macron und die vom Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon geführte Oppositionsallianz liefern sich bei der französischen Parlamentswahl am Sonntag ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Macrons Partei kommt mit ihren Verbündeten nach offiziellen Angaben aus der Nacht zum Montag auf 25,75 Prozent der Stimmen. Die links-grüne Allianz Nupes von Jean-Luc Mélenchon lag nahezu gleich auf, sie erhielt nur 21.442 Stimmen weniger. Die genaue Sitzverteilung wird sich erst in der Stichwahl kommenden Sonntag entscheiden.

Die Prozentwerte haben aber nur geringe Aussagekraft, weil die 577 Parlamentsmandate nach dem Mehrheitswahlrecht besetzt werden. Schätzungen mehrerer Institute zufolge könnte das Macron-Bündnis 255 bis 295 Mandate erreichen, die Linksallianz 150 bis 210 Mandate. Bisher kann sich der Präsident in der Nationalversammlung auf eine absolute Mehrheit stützen. Ob er diese verteidigen kann, wird wohl erst in der zweiten Runde der Parlamentswahl am kommenden Sonntag feststehen, wenn in den meisten Wahlkreisen Stichwahlen stattfinden.

"Zum ersten Mal erreicht ein wiedergewählter Präsident bei der Parlamentswahl nicht die Mehrheit", sagte Mélenchon. Spitzenvertreter der Linksallianz wiesen darauf hin, dass diese sich in rund 500 Wahlkreisen für die Stichwahl qualifiziert habe. Damit sei das Rennen um die Mehrheit weiterhin offen. Dem neuen Bündnis gehören Linke, Kommunisten, Grüne und Sozialisten an. Mélenchons Partei "Unbeugsames Frankreich" dürfte dabei rund die Hälfte der Sitze erringen.

Die Rechtspopulistin Marine Le Pen zieht nach eigener Aussage in ihrem Wahlkreis in Hénin-Beaumont in die Stichwahl am kommenden Sonntag ein. Ihre rechtsnationale Partei Rassemblement National kam Prognosen auf rund 19 Prozent, konnte aber wegen der Ächtung durch die anderen Parteien nur mit zehn bis 45 Mandaten rechnen. Le Pen bezeichnete das Abschneiden ihrer Partei dennoch als "immensen Sieg" und rief dazu auf, dem Lager von Präsident Macron in der Stichwahl die absolute Mehrheit zu verwehren.

Die bisher stärkste Oppositionskraft, die konservativen Republikaner, stürzten mit Verbündeten auf nur noch 11 bis 14 Prozent bzw. 40 bis 80 Mandate ab. Die Wahlbeteiligung lag nach Schätzungen bei nur etwa 53 Prozent.

Macron profitierte trotz Unzufriedenheit mit seiner ersten Amtszeit davon, dass die Parlamentswahl in Frankreich als Bestätigung der Präsidentschaftswahl empfunden wird. So nehmen vor allem Unterstützer des Gewinners an der Abstimmung teil, andere bleiben häufig zuhause.

Bei der Parlamentswahl geht es für Macron darum, ob er seine Vorhaben auch in seiner zweiten Amtszeit wird umsetzen können. Diese sind etwa die umstrittene Pensionsreform, Kaufkrafthilfen in der Krise sowie dringend nötige Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitswesen. Auch die Umweltpolitik will der Liberale stärker in den Fokus rücken, neben erneuerbaren Energien vor allem aber den Ausbau der Atomkraft vorantreiben. Für all das benötigt er eine Mehrheit im Parlament. Die zweite Kammer, der Senat, ist dabei weniger wichtig als die Nationalversammlung und derzeit konservativ geprägt.

Sollten die Stimmen am Ende nur für eine relative Mehrheit reichen, wären der Präsident und die Regierung gezwungen, Unterstützung aus den anderen Lagern zu suchen. Wahrscheinlich ist, dass es dann eine Minderheitsregierung gibt, die sich je nach Vorhaben auf Mitte-Links- oder Mitte-Rechts-Kräfte zu stützen versucht.

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