Übersiedlung

Der neue ORF-Newsroom: "Das ist kein Sparprojekt"

Der Multimediale Newsroom des ORF
Der Multimediale Newsroom des ORFORF/Thomas Ramstorfer
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50 Millionen Euro wurden in den multimedialen Newsroom investiert. ORF-Chef Roland Weißmann versucht, skeptischen Mitarbeitern die Angst vor der Übersiedlung zu nehmen.

Im ORF-Zentrum am Küniglberg ist alles bereit für die am Wochenende geplante Übersiedlung von 356 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den multimedialen Newsroom – nur auf der Kaffeemaschine steht noch „Außer Betrieb“. 50 Millionen Euro hat dieser 3200 Quadratmeter große Redaktionskomplex gekostet. „Das ist kein Sparprojekt“, betonte ORF-Generaldirektor Roland Weißmann am Montag vor Journalisten. Für die Redaktion stünden „dieselben Ressourcen“ zur Verfügung wie bisher. Die Onlineredaktion wird um vier Personen aufgestockt.

In einem Atrium wachsen Bäume. Die Decke ist schalldämpfend. Alle Arbeitsplätze haben natürliches Licht. Es gibt Rückzugszimmer, in denen man telefonieren kann, wenn's im Großraum zu laut ist. Damit will Weißmann Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen. Die bemängeln u. a., dass nur sechs Arbeitsplätze pro zehn Personen zur Verfügung stehen. Die 587 Schließfächer, in die jeder seine Sachen und Unterlagen wegsperren kann, um sich am nächsten Arbeitstag einen neuen Schreibtisch zu suchen, erinnern ein wenig an Bienenwaben: Wenige Meter weiter wurden 14 Bienenvölker angesiedelt.

Radio-Studios werden videotauglich

TV-Chefredakteur Matthias Schrom betont, er werde sich im multimedialen Newsroom, in dem TV, Radio und Online zusammenarbeiten, „nicht bei den Kollegen von Ö1 einmischen“. Man wolle keinen „Einheitsbrei“ in der Berichterstattung. Über Inhalte entscheiden die Sendungsteams, so Weißmann: „Wenn die ,ZiB‘ sagt, für uns ist das keine G'schicht, dann ist es keine G'schicht.“ Es werde auch niemand gezwungen, für ein anderes Medium zu arbeiten. „Wir respektieren die Ängste der Mitarbeiter.“ Die Möglichkeit für multimediales Arbeiten wurde geschaffen: Die Studios der Ö1-Journale sind videotauglich. Auf Diensthandy kann eine App installiert werden, die Live-Einstiege ermöglicht.

Der Newsroom in Zahlen

2014 wurde im ORF-Stiftungsrat der Beschluss gefasst, alle Wiener ORF-Dependancen auf den Küniglberg zu übersiedeln (nur das Landesstudio Wien, das RSO und ein Stadtstudio bleiben im Funkhaus)

Mehr als 300 Millionen Euro kostet der Um- und Neubau auf dem Küniglberg. 2019 erfolgte der Spatenstich.

50 Millionen Euro kostet der multimediale Newsroom, der 3,238 Quardratmeter auf zwei Etagen umfasst, darunter zwei Journalstudios, 20 Rückzugsräume, sieben Besprechungszimmer, das 207 Quadratmeter große Newsroom-Studio und einen Regieplatz. 356 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden hier arbeiten.

Von 16. bis 20. Juni wird der Newsroom von den Informationsredaktionen besiedelt. Ende August folgt der Rest von Ö1, Ende September Ö3 - beide Sender bekommen ein eigenes Gebäude. Bereits übersiedelt sind: ORF On (2017), FM4 (2019) und die Radio-Religion (2020). Am Ende werden 2500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Küniglberg arbeiten.

Die Chefredaktion (TV, Radio, Online) bleibt vorerst unverändert (und in männlicher Hand). Darunter werden multimediale Ressortleiter ausgeschrieben. Auch hier versucht Weißmann Bedenken zu zerstreuen: Man werde „nicht auf jeden Fall“ TV-Erfahrung haben müssen, um Ressortleiter zu werden. Das Zusammenwachsen der verschiedenen ORF-Medien im Newsbereich wird von der ORF-Chefetage als Prozess verstanden.

Was wäre ein „berechtigter“ Eingriff in Beiträge?

Teil desselben sei auch das geplante neue Redaktionsstatut, das erstmals auch für den Onlinebereich gelten wird. Darin vorgesehen ist unter anderem, dass Mitarbeiter Führungspersonen das Vertrauen entziehen können - wenn dies dreimal geschieht, prüft der Ethikrat des ORF und gibt dem Generaldirektor eine Empfehlung. Er entscheidet dann über eine etwaige Ablöse. Das sei „auch ein Teil dieses Prozesses zu einem künftigen Miteinander“, sagt Weißmann. Im Redaktionsstatut, das vom Stiftungsrat noch abgesegnet werden muss, sind auch „verbesserte Regelungen für sachlich ungerechtfertigte Eingriffe von Vorgesetzten in Beiträge“ vorgesehen. Aber was wäre denn ein berechtigter Eingriff in diese redaktionelle Unabhängigkeit? Diese Frage konnte Weißmann ad hoc nicht beantworten.

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