Ein indischer Vorschlag bricht die starren Fronten auf - sogar China könnte umschwenken. Dafür entzweit die japanische Ablehnung eines Nachfolgers für das Kyoto-Protokoll die Staatengemeinde.
Cancún/Wien. Mit zwei Aussagen asiatischer Staaten wurden die Karten beim seit Montag laufenden UN-Klimagipfel in Cancún neu gemischt. Indien hat einen neuen Mechanismus vorgeschlagen, wie die Fortschritte einzelner Staaten beim Klimaschutz von der internationalen Staatengemeinschaft beurteilt werden können. Alle Staaten, die mit mehr als einem Prozent zum weltweiten Treibhausgasausstoß beitragen, sollten demnach alle drei Jahre an die UNO berichten, alle anderen Staaten alle sechs Jahre. Gekoppelt werden soll das mit dem Transfer „grüner“ Technologien.
Mit diesem Vorstoß könnte eine der starren Fronten aufgebrochen werden, die zum Scheitern des UN-Klimagipfels in Kopenhagen 2009 geführt hatten. Vor allem China lehnte bisher jegliche externe Kontrolle strikt ab. Nun hieß es, dass China diesem Vorschlag einiges abgewinnen könne. Die große Frage ist, ob auch die USA mitziehen.
Irritationen unter den Industriestaaten hat dagegen Japan ausgelöst: Ein Nachfolge-Abkommen des 2012 auslaufenden Kyoto-Protokolls sei „sinnlos“, wenn nicht große Emittenten wie China oder die USA mit an Bord seien. 1997 haben sich 40 Industriestaaten (inklusive Japan, aber ohne die USA) zu einer Reduktion des CO2-Ausstoßes verpflichtet. Auf dem Kyoto-Protokoll beruht der CO2-Emissionshandel der EU. Ohne internationales Abkommen ist Europas Industrie einseitig belastet.
Von bindenden CO2-Zielen wollen die meisten Staaten weiterhin nichts wissen. Der mexikanische Konferenzvorsitz hat ausgerechnet, dass die bisher angekündigten freiwilligen CO2-Einsparpläne eine Reduktion der weltweiten Emissionen um 18 bis 19 Prozent bedeuten würden.
Österreichs Umweltminister Niki Berlakovich zeigte sich vor seiner Abreise nach Cancún optimistisch, dass man zumindest in einigen Teilsegmenten Fortschritte erzielen könnte. Namentlich nannte er die Bereiche Abholzung der Urwälder, Technologietransfer und Hilfe bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2010)