Wiener Festwochen

Festwochen: Horrortrip durch das unterdrückte Brasilien

Gal Pereira (sitzend, li.) in "Depois do Silêncio".
Gal Pereira (sitzend, li.) in "Depois do Silêncio".(c) Wiener Festwochen / Christophe Raynaud De Lage
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Christiane Jatahys Weltpremiere von „Depois do Silêncio“ begann intensiv. Und entwickelte sich zur Agitprop. Die ermüdete.

Am Schluss der Weltpremiere hört man ein schreckliches Urteil: Nur die Stärksten überleben. Nazi-Propaganda? Durchhalteparole im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine? Haben sich sensible Intellektuelle bereits zum Protest dagegen durchgerungen, damit endlich Frieden sei? Nein. In Christiane Jatahys brasilianischem Gastspiel „Depois do Silêncio“ bei den Wiener Festwochen (auf Portugiesisch, mit deutschen und englischen Übertiteln) wird Gewalt als der Weisheit letzter Schluss von der „richtigen“ Seite gepredigt. Von Entrechteten, die sich gegen den Unrechtsstaat wehren, gegen Landraub, sogar mit dem Mittel des gezielten Mords.

Weit vor diesem Urteil ist am Mittwoch die 110 Minuten lange Aufführung im Odeon zur Agitprop geraten, die nur Beklemmung hinterlässt. Schade! Denn in der ersten Stunde nähern sich Jatahy und ihr Ensemble dem Thema der zerstörerischen Kräfte ihres Landes durchaus sensibel, anschaulich, direkt. „Nach der Stille“ ist der abschließende Teil ihrer „Trilogy of Horror“. Er widmet sich offensichtlichem strukturellen Rassismus und Spuren des Kolonialismus in Brasilien. Er hat dokumentarischen Charakter, zeigt Filmmaterial aus armen Gegenden im Nordosten mit reichen Bodenschätzen, bringt Erinnerungskultur als Familien- und Dorfgeschichte. Getanzt wird bis zur Ekstase, als ob man naiven Anthropologen imponieren wolle.

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