Eine verletzte Frau wird von ukrainischen Soldaten aus Lyssytschansk gebracht.
Ostukraine

Ausharren unter dem Kugelhagel

Viele fliehen vor dem Krieg. Doch nicht wenige Bewohner verharren in den umkämpften Städten. Warten sie auf Putins Armee? Nicht unbedingt. Die Gründe fürs Bleiben sind vielfältig.

Der Mann am anderen Ende der Leitung schildert den beschwerlichen Alltag in der Donbass-Stadt Druschkiwka: Seit Mai gibt es kein Gas mehr, seit Kurzem auch kein fließendes Wasser. Nur das Stromnetz funktioniert noch. Viele Menschen haben sich tragbare elektrische Kochplatten gekauft, damit sie trotz Gasabschaltung etwas Warmes essen können. Der Krieg kommt näher. „Wir hören Schüsse und laute Explosionen. Sie sind nicht weit entfernt.“ Fast täglich fahren Evakuierungsbusse in Richtung Westen: nach Dnipro, Winnyzja, Riwne. Ein Telefonanruf reicht, um sich einen Platz zu sichern. Der Gesprächspartner will jedoch zuwarten. „Ich bin noch nicht bereit, meine Stadt zu verlassen“, sagt er.

Stimmen wie diese sind keine Seltenheit in der Ukraine. Seit Wochen tobt der russische Angriffskrieg in den ostukrainischen Gebieten Donezk und Luhansk. Zwar haben die meisten Familien mit Kindern die umkämpften Oblaste verlassen. Doch längst nicht alle Bürger wollen ihrer Heimatregion den Rücken kehren. Zahlen illustrieren das: In Slowjansk, eine von den aktuellen Gefechten weniger als 20 Kilometer entfernt liegende Stadt, sind von früher 110.000 Bewohnern etwa 30.000 übrig. In Druschkiwka, das vor dem Krieg 55.000 Einwohner zählte, dürfte es noch die Hälfte sein. Selbst in Sewerodonezk und Lyssytschansk sind mehrere Tausend geblieben. In diesen Tagen ist eine Evakuierung aus den beiden heftig umkämpften Orten im Gebiet Luhansk so gut wie unmöglich geworden. Die Zivilisten, etwa im Sewerodonezker „Asot“-Chemiewerk, sitzen in der Falle. Sie müssen um ihr Leben bangen.

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Augenzeugenbericht

"Wir hoffen, von den Kampfhandlungen verschont zu bleiben"

Ein Bewohner der ostukrainischen Stadt Druschkiwka berichtet über seinen Alltag im Krieg - und erklärt, warum er seinen Heimatort nicht verlassen kann bzw. will.

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