Wikileaks-Gründer

Britische Regierung bewilligt Auslieferung von Julian Assange

Ein Foto vom 17. Mai vor dem Innenministerium in London. Unterstützer von Julian Assange sind gegen die Auslieferung des Wikileaks-Gründers auf die Straße gegangen.
Ein Foto vom 17. Mai vor dem Innenministerium in London. Unterstützer von Julian Assange sind gegen die Auslieferung des Wikileaks-Gründers auf die Straße gegangen.IMAGO/Xinhua
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Die US-Justiz will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Ihm drohen bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft.

Schwerer Rückschlag für Julian Assange: Großbritannien hat nach jahrelangem Hin und Her die Auslieferung des Wikileaks-Gründers an die USA genehmigt. Innenministerin Priti Patel unterschrieb dazu eine entsprechende Verfügung, wie ihr Ministerium am Freitag in London mitteilte. Die US-Justiz will Assange wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Dem Australier drohen bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft. Wikileaks kündigte an, erneut vor Gericht zu ziehen.

Der Gründer der Enthüllungsplattform wehrt sich schon seit mehr zehn Jahren dagegen, dass er den Vereinigten Staaten überstellt wird. Seit 2019 sitzt der 50-Jährige in London im Gefängnis. Ihm wird vorgeworfen, gemeinsam mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Seine Anwälte argumentieren, dass überhaupt niemand zu Schaden gekommen sei. Unterstützer sehen in Assange einen mutigen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht brachte und an dem nun ein Exempel statuiert werden solle.

Ein Sprecher der konservativen Innenministerin begründete die Entscheidung mit den Worten: "Britische Gerichte haben in diesem Fall nicht festgestellt, dass es repressiv, ungerecht oder ein Missbrauch des Verfahrens wäre, Herrn Assange auszuliefern." Auch seine Grundrechte - einschließlich der Rechte auf ein rechtsstaatliches Verfahren und Meinungsfreiheit - seien nicht beeinträchtigt. Assange habe nun zwei Wochen, um Einspruch einzulegen. Seine Umgebung befürchtet, dass er trotz anderslautender Zusicherungen aus Washington in Isolationshaft kommt und kein faires Verfahren erhält.

„Schwarzer Tag für die Pressefreiheit"

Wikileaks sprach von einem "schwarzen Tag für die Pressefreiheit und die britische Demokratie". Patel habe sich zur Komplizin der USA gemacht, die investigativen Journalismus zum Verbrechen machen wollten. Die Plattform wirft US-Geheimdiensten sogar vor, in ein Mordkomplott gegen Assange verstrickt gewesen zu sein. Der Rechtsstreit um eine Auslieferung zieht sich schon Jahre hin. Der High Court hatte Ende vergangenen Jahres ein Auslieferungsverbot wegen Suizidgefahr aufgehoben. Nachdem der Supreme Court eine Berufung dagegen ablehnte, war nun die Innenministerin am Zug.

Assange sitzt seit seiner Festnahme im April 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh. Zuvor hatte er sich mehrere Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden entzogen. Diese hatten ihn zunächst wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden gesucht. Diese Vorwürfe wurden später jedoch aus Mangel an Beweisen fallen gelassen.

Weitere Rechtsmittel

Ob der 50-Jährige nun tatsächlich ausgeliefert wird, ist noch unklar. Seinen Unterstützern zufolge ist der Rechtsweg noch nicht ausgeschöpft. "Wir werden den Rechtsweg beschreiten. Die nächste Berufung wird vor dem High Court eingereicht werden. Wir werden lauter kämpfen und stärker auf den Straßen rufen", hieß es in der Wikileaks-Mitteilung.

Die deutsche Bundesregierung verwies ebenfalls darauf, dass die Entscheidung zur Auslieferung noch anfechtbar sei. Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann sagte in Berlin: "Da ist nach jetzigem Kenntnisstand wohl auch noch ein weiterer Rechtsweg möglich." Man werde dies "sehr genau beobachten". Der Deutsche Journalisten-Verband rief die USA auf, die Anklage fallen zu lassen. Wenn Präsident Joe Biden russische Kriegsverbrechen in der Ukraine anprangere, dürfe er nicht mit äußerster juristischer Härte gegen den Aufklärer amerikanischer Kriegsverbrechen vorgehen.

(APA/dpa/Reuters)

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