Hypo-Desaster: Österreich entkam Irland-Schicksal

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HypoHeinz-Peter Bader
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Der Zusammenbruch der Hypo Alpe Adria hätte Österreich beinahe zum ersten Euro-Rettungskandidaten gemacht, sagt ein österreichischer Notenbanker. Bis 2019 brauchen die Banken 18 Mrd. Euro zusätzliches Eigenkapital.

Wien/Ju. Die österreichischen Banken werden viel Geld aufbringen müssen, um die kommende Verschärfung der regulatorischen Vorschriften (erhöhte Kapitalerfordernisse nach Basel III und andere) bewältigen zu können. Nach Schätzungen der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) müssen die Banken bis 2019 zusätzliches Eigenkapital von 15 bis 18 Mrd. Euro auftreiben. Dazu müssen die Institute zusätzliche Erträge im Volumen von rund 1,5 Mrd. Euro im Jahr aufbringen.

Wie aus Notenbank-Kreisen verlautete, sei dies bewältigbar, wenn es zu Effizienzsteigerungen komme und die Dividenden geringer ausfielen. In der Notenbank meint man etwa, dass die Banken ihre Zinsmarge auf europäisches Niveau heben könnten (was allerdings Kredite verteuern würde). Derzeit liegt diese Marge wegen der Konkurrenzsituation hierzulande deutlich niedriger als im Euroschnitt.

Irisches Schicksal vermieden

Die verschärften Vorschriften sollen verhindern, dass wankende Banken, wie etwa in Irland, ganze Staaten in Probleme bringen. So exotisch ist die Frage Banken- oder Staatsinsolvenz übrigens auch für Österreich nicht: Im Winter 2009 brach die Kärntner Hypo Alpe Adria Bank, für die das Land Kärnten Haftungen im Ausmaß von mehr als 20 Mrd. Euro übernommen hatte, zusammen. Sie musste notverstaatlicht werden.

Auf die Frage, ob man diese Bank nicht einfach in den Konkurs schicken hätte können (die inländischen Spareinlagen waren mit rund einer Mrd. Euro relativ gering) reagierte ein Notenbanker so: „Dann hätten wir schon damals das Sovereign-Them gehabt.“

Anders gesagt: Die schlagend werdenden Hypo-Garantien hätten das österreichische Budget außer Kontrolle geraten lassen, die Zinsen für österreichische Staatsanleihen wären in die Höhe geschnellt – und Österreich wäre noch vor Griechenland und Irland der erste Kandidat für eine Euro-Rettungsaktion geworden. Das Beispiel Irland zeigt freilich, dass ausreichend Eigenkapital noch kein ausreichender Krisenpuffer ist: Bei den Banken-Stresstests im Sommer wurde überprüft, ob das Eigenkapital in Krisensituationen unter das kritische Mindestmaß fällt. Jene irischen Banken, für deren Rettung der Staat jetzt mehr als 30 Mrd. Euro aufwenden muss, schnitten dabei positiv ab.

Die Diskussion geht jetzt dementsprechend über reine Kapitalmaßnahmen hinaus.

Untersucht wird nach Angaben der OeNB auch die Einführung einer „strukturellen Liquiditätsquote“, die ein Mindestmaß an Liquidität in den Banken sicherstellen soll.

Ein wesentlicher Punkt in den Überlegungen ist auch die Abschaffung der „impliziten Staatsgarantie“ für systemrelevante Banken durch die Einführung eines Bank-Insolvenzrechts. Derzeit gelten Banken, die groß genug sind, um bei einem Zusammenbruch den gesamten Staat in Probleme zu bringen, als „unsinkbare Schiffe“. Es gilt als sicher, dass sie im Falle eines Zusammenbruchs mithilfe von Steuergeld aufgefangen werden. Das hat in der Vergangenheit einige internationale Großinstitute offenbar zu riskanten Geschäften ermutigt – und damit wesentlich zur Finanzkrise beigetragen.

Die Überlegungen gehen dahin, Instrumente zu schaffen, mit denen strauchelnde Großinstitute rechtzeitig „zerlegt“ und verwertet werden können. Bein einem solchen Vorgehen würde unter Umständen nicht einmal die Einlagensicherung beansprucht werden, weil ja andere Institute das „brauchbare“ Geschäft übernehmen würden.

Draufzahlen würden in diesem Fall freilich die Aktionäre. Aus Kreisen der Notenbank war zu hören, dass ein entsprechender Eingriff in die Eigentumsrechte der Aktionäre schon zu einem relativ frühen Zeitpunkt geplant werden könnte – nämlich schon dann, „wenn es nicht mehr richtig läuft“.

Auf einen Blick

Die österreichischen Banken müssen 15 bis 18 Mrd. Euro zusätzliches Eigenkapital auftreiben, um die künftig schärferen regulatorischen Bestimmungen zu erfüllen, schätzt die Oesterreichische Nationalbank. Ein neues Banken-Insolvenzrecht soll das „Zerlegen“ systemrelevanter Banken im Insolvenzfall ermöglichen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2010)

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