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Klimaschützer schlagen Alarm: Das umstrittene Comeback des Kohlekraftwerks Mellach

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Österreichs letztes Kohlekraftwerk wird zwei Jahre nach der Stilllegung wieder einsatzbereit gemacht. Opposition und Klimaschützer kritisieren diese "Vorsichtsmaßnahme".

Angesichts einer drohenden Gas-Knappheit soll das stillgelegte Kohlekraftwerk Mellach in der Steiermark wieder einsatzfähig gemacht werden, sodass dort im Notfall aus Kohle wieder Strom und Wärme erzeugt werden kann. Das sagte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) in der "ZiB 2 am Sonntag". Das Kraftwerk war das letzte Kohlekraftwerk Österreichs, im Frühjahr 2020 wurde dort zum letzten Mal Strom aus Kohle erzeugt. Die Umrüstung wird laut Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) Monate dauern.

Die SPÖ sieht darin einen Verzweiflungsakt der Ministerin. "Gewessler hat letztlich nichts auf den Boden gebracht und setzt jetzt offenkundig einen Akt der Verzweiflung", erklärte der SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll am Montag.

Doppelt so viel CO₂-Ausstoß wie Erdgas

Auch bei der Umweltschutzorganisation Global 2000 stoßen die Sonntagabend bekannt gegebenen Regierungspläne auf Unbehagen, weil bei Kohlestrom rund doppelt so viel CO₂ in die Atmosphäre gepumpt wird wie bei Erdgas, was die Klimakrise anheizt. Der Kauf der Kohle dürfe keine Vorentscheidung für den Einsatz sein.


"Kohle ist die klimaschädlichste Energie und führt zu gesundheitsschädlichen Quecksilberemissionen und Feinstaub", sagte der Klima- und Energiesprecher von Global 2000, Johannes Wahlmüller am Montag. "Wenn jetzt über einen möglichen Einsatz des Kohlekraftwerks in Mellach diskutiert wird, dann sollte klar sein, dass es sich nur um zeitlich eng begrenzte, akute Notfälle handeln darf", so Wahlmüller.

Die Umweltschutzorganisation drängt auf viel mehr Tempo bei der Energiewende in Österreich. Energiepolitik müsse mehr sein als Notfallmaßnahmen zu erlassen.

Wichtigster Fernwärme-Lieferant für Graz

Das Kraftwerk Mellach wurde von 1983 bis 1986 errichtet und konnte neben einer elektrischen Leistung von 240 Megawatt auch bis zu 230 Megawatt thermisch als Fernwärme vor allem für den Großraum Graz erzeugen. Von der Inbetriebnahme im Dezember 1986 bis zur Stilllegung 2020 standen Kessel und Dampfturbine insgesamt etwa 180.000 Betriebsstunden lang im Einsatz. Über diesen Zeitraum von 34 Jahren lieferte das Fernheizkraftwerk etwa 80 Prozent der gesamten in Graz benötigten Fernwärme - insgesamt mehr als 30 Milliarden Kilowattstunden Strom sowie 20 Milliarden Kilowattstunden Fernwärme. Die Lieferung aus Mellach bildete die Basis für den Ausbau der Fernwärmeversorgung in und südlich von Graz.

Nach Abschaltung betriebsbereit gehalten

Nach der Abschaltung hat der Betreiber Verbund die Kraftwerksanlage in Mellach für die Anforderungen der sogenannten Engpassvermeidung auf der Brennstoffbasis Erdgas betriebsbereit gehalten. Das Kraftwerk konnte somit bei Bedarf kurzzeitig zur überregionalen Stromnetzstützung abgerufen werden. In dieser Funktion steht auch das benachbarte Gaskombikraftwerk Mellach.

Der Standort wurde außerdem zu Forschungszwecken umgebaut, beispielsweise wurde eine Pilotanlage für Hochtemperaturelektrolyse und Brennstoffzellenbetrieb errichtet, bei der Strom in Wasserstoff umgewandelt wird. Auch großvolumige Batteriespeicher für den Einsatz als Pufferspeicher zum Beispiel bei Ultraschnellladestationen für die E-Mobilität wurden in Mellach getestet.

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