Autoindustrie

BMW-Motorenwerk in Steyr wird elektrisch

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Um fast eine Milliarde Euro macht BMW sein weltweit größtes Motorenwerk im oberösterreichischen Steyr fit für die Zukunft. Damit will man 4400 Arbeitsplätze sichern.

Steyr/Wien. Früher einmal war es eine Bezeichnung, auf die man im oberösterreichischen Steyr sehr stolz war: das größte Motorenwerk von BMW auf dieser Welt. In Zeiten, in denen Zulassungsverbote für Autos mit Verbrennungsmotor drohen (das EU-Parlament will eines ab 2035), hatte man mit dieser Apostrophierung allerdings Bauchweh.

Im Fall von Steyr gibt es dafür keinen Grund mehr. Denn der bayerische Autohersteller nimmt fast eine Milliarde Euro in die Hand, um seine Motorenfabrik fit für die Zukunft zu machen: Ab 2025 wird man in Steyr zusätzlich Elektroantriebe fertigen. Wie bedeutend der Umbau in Oberösterreich für den Erhalt der etwa 4400 Arbeitsplätze ist, kann man daran erahnen, wer alles zur Präsentation der Umbaupläne am Montag nach Steyr gereist ist: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und der BMW-Vorstand für Produktion, Milan Nedeljkovic.
Seit mehr als 40 Jahren werden in Steyr Diesel- und Benzinmotoren gefertigt, in Spitzenzeiten waren es 1,3 Millionen pro Jahr. Kam es zuerst zu einer Verschiebung weg vom Diesel- hin zum Benzinmotor, gingen die Fertigungszahlen zuletzt aufgrund des Antriebswandels leicht zurück.

Mit der Herstellung von Elektroantrieben hat das Werk eine Zukunft. Alexander Susanek, Geschäftsführer des BMW-Werks, spricht im Gespräch mit der „Presse“ vom „wichtigsten Meilenstein seit der Grundsteinlegung 1979“. Pro Jahr werde man mehr als 600.000 E-Antriebe produzieren. „Im Jahr 2030 wird etwa die Hälfte der Beschäftigten im Bereich der Elektromobilität tätig sein.“

Dafür baut man zusätzlich zu den bereits bestehenden vier Montagelinien für Benzin- und Dieselmotoren auf 60.000 Quadratmetern für 710 Millionen Euro zwei weitere Montagelinien für E-Antriebe. Die erste Vorserienproduktion soll bereits im Sommer 2024 anlaufen, die Serienproduktion wird im Herbst 2025 starten.

Hergestellt werden High-Performance-E-Antriebe, die sogar die Leistung des recht beeindruckenden vollelektrischen BMW i4 M50 (3,9 Sekunden auf 100 km/h) in den Schatten stellen sollen. Nähere Angaben machte BMW noch nicht. Die Entwicklung wird ebenfalls in Steyr erfolgen, dafür investiert man weitere 230 Millionen Euro in den Standort. Von den 700 Ingenieuren, die bisher vor allem an Dieselmotoren forschen, werden sich bis 2030 etwa 90 Prozent mit der E-Mobilität beschäftigen.

Kein Aus für Verbrenner

Bundeskanzler Nehammer meinte am Montag, die BMW Group in Österreich funktioniere „wie ein starker Motor für eine nachhaltige Zukunft unseres Landes“. Man beweise, dass Klimaschutz und Wirtschaftswachstum keinen Widerspruch darstellten. Vizekanzler Kogler meinte, man müsse sich vor Transformation nicht fürchten, sie sei „besser als Depression“.

Die Herstellung von Verbrennungsmotoren gibt BMW nicht auf, man legt sich auch nicht auf ein konkretes Ausstiegsdatum fest. Das hat einen banalen Grund: Europa mag gegen Ende des Jahrzehnts die Voraussetzungen für die E-Mobilität mit einer guten Ladeinfrastruktur geschaffen haben. In anderen Teilen der Welt – in Südamerika etwa, in Afrika oder in weiten Teilen Asiens – wird man aber keine Autos mehr verkaufen, wenn man nur batterieelektrische Pkw im Angebot hat.

Ob der langsame Wandel in Steyr weg vom Verbrennungs- hin zum Elektromotor, der einfacher zu fertigen ist, langfristig Folgen für die Zahl der Beschäftigten habe? Susanek verneint. Die Wertschöpfung werde gleich bleiben. Ziel sei es, mit diesem Wandel und der Milliardeninvestition die Zahl der Beschäftigte stabil zu halten.

Susanek will sich auch nicht auf die E-Mobilität allein einschränken lassen. „Wir sind technologieoffen“, erklärt der Werkschef. Auch Wasserstoff bleibt für den Autohersteller ein Thema. Ende des Jahres wird BMW einen X5 testen, der mit einer Brennstoffzelle arbeitet, die Wasserstoff in Strom umwandelt. „Wir schauen uns in Steyr an, ob das für uns in der Produktion einmal einen interessanten Umfang haben kann“, erklärt Susanek. Momentan aber „ist das nicht der Fall“.

(APA)

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