Ausstellung

KHM: Erst wild in Wien, dann reich und berühmt

Slg. Oskar Reinhart „Am Römerholz“, Winterthur
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Die kurze Wiener Zeit Lucas Cranachs d. Ä. wird sehr selten ausgestellt. Das Kunsthistorische Museum zeigt jetzt in einer dementsprechend kleinen, feinen Schau das Wilde und Magische im späteren Marketing-Genie.

Die Zunge hängt dem Gekreuzigten nicht nur aus dem Mund, sie trieft auch noch vor Blut. Wie auch aus allen anderen Wunden dieses wahrlichen Schmerzensmannes samt der zwei Schächer das dunkle Rot nur so rinnt – ein Splatter-Golgotha. Um den Effekt noch zu steigern, sind die Füße nicht nur von einem Nagel durchbohrt, wie damals im Spätmittelalter üblich, der Maler hatte sich für den älteren, drastischeren Viernagel-Typus entschieden. Und an Adams Gebein, traditionell am Fuß des Kreuzes, nagt auch noch ein Hündchen.

Ein bisschen Drama für die Wiener Humanisten, schien das Kalkül dieses nicht mehr ganz jungen Künstlers aus dem bayerischen Kronach gelautet zu haben, als er mit 28 in die Habsburger-Hauptstadt reiste. Unter Maximilian I. war sie zu einer Anlaufstelle deutscher Gelehrter wie Konrad Celtis und Johannes Cuspinian geworden. In ihrem Dunstkreis vollbrachte ein bis dato unbekannter Maler wie aus dem Nichts plötzlich Meisterleistungen in Porträt und Kirchenkunst. Wenige Jahre später wird dieser sich Lucas Cranach nennen, noch später unter Lucas Cranach der Ältere in die Kunstgeschichte eingehen. Als dieser hochbetagt, mit 81, starb, wird er in Wittenberg drei sächsischen Kurfürsten als Hofmaler und Vertrauter gedient und als eifrigster künstlerischer Propagandist und Porträtist seines engen Freundes Martin Luther unser aller Bild des Protestantismus geprägt haben.

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