Spurensuche

U-Ausschuss: Was steckt hinter Karmasins "Leitbild"?

Ex-Generalsekretär Michael Esterl
Ex-Generalsekretär Michael EsterlAPA/HELMUT FOHRINGER
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Ex-Ministerin Karmasin hat 2019 und 2020 für das Wirtschaftsministerium ein "Leitbild"-Projekt durchgeführt, das 125.920 Euro an Steuergeld gekostet hat.

Das von der Meinungsforscherin und früheren Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) in den Jahren 2019 und 2020 für das Wirtschaftsministerium durchgeführte "Leitbild"-Projekt, das 125.920 Euro an Steuergeld gekostet hat, stand am Mittwoch im Zentrum des ÖVP-Korruptions-U-Ausschusses. Da Ex-Ministerin Margarete Schramböck (ÖVP) coronabedingt ausfiel, wurde Ex-Generalsekretär Michael Esterl dazu befragt. Er beteuerte, die Vergabeentscheidung nicht getroffen zu haben.

In seinem einleitenden Statement führte Esterl wortreich aus, warum aus seiner Sicht der Leitbild-Prozess unbedingt notwendig gewesen sei. Die Struktur des Ressorts sei 2018 massiv verändert worden, die Organisationsreform habe begleitet werden müssen. Auf die Idee eines Angebots sei Karmasin in einem Gespräch mit ihm gekommen, räumte er ein, sie habe es per Mail auch an ihn geschickt; für die Vergabe sei aber die Personalabteilung als zuständige Organisationseinheit verantwortlich gewesen. "Meine Aufgabe war eine strategische Managementaufgabe", sagte er: "Ich habe mich nicht in die operative Umsetzung eingemischt."

Man sei im Verfahren im "Unterschwellenbereich" für eine Ausschreibung von 100.000 Euro geblieben, es seien aber auch Mitbewerber im Rennen gewesen. Karmasins Unternehmen habe sich jedenfalls als Best- und Billigstbieter herausgestellt. Dass das Leitbild im Endeffekt über 125.000 Euro kostete, begründete er mit der zweijährigen Dauer des Prozesses, unterbrochen durch das Ende der türkis-blauen Koalition und erschwert durch die Coronakrise.

Hafenecker ortet „Ouvertüre der Sinnlosausgaben“ 

Vor Sitzungsbeginn bedauerten sowohl FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker als auch sein rotes Pendant, Jan Krainer, Schramböcks Absenz und wünschten ihr einen milden Verlauf und baldige Besserung. Hafenecker merkte jedoch kritisch an, dass sich die Krankheitsfälle bei Auskunftspersonen "kurz vor Auftritten im U-Ausschuss" zuletzt gemehrt hätten. Es wäre interessant gewesen, einige Dinge mit der ehemaligen Wirtschaftsministerin abzuklären, wie etwa die "Zahlungsflüsse zwischen Ministerium und ÖVP-nahen Agenturen", die mit entsprechenden Aufträgen bedacht worden seien, so Hafenecker. Das Leitbild bezeichnete er als "Ouvertüre der Sinnlosausgaben im Wirtschaftsministerium".

Für Krainer liegt der Fokus auf parteipolitisch motivierten Umfragen, die in den ÖVP-geführten Ministerien in Auftrag gegeben worden seien. "Da geht es um Steuergeldmissbrauch." Das Wirtschaftsministerium nannte er in diesem Zusammenhang "sehr auffällig", es betreffe aber auch andere. Zudem liege der Verdacht nahe, dass es eine zentrale Steuerung gegeben habe. Mit diesen Dingen werde man nun die beiden anderen Auskunftspersonen des heutigen Tages konfrontieren, nämlich neben Esterl auch den stellvertretenden Kabinettschef Paul Rockenbauer. Während ersterer das Bindeglied zum Kanzleramt dargestellt habe, sei Rockenbauer der Umsetzer gewesen.

Hanger: Regierungs- und Parteiarbeit wurde getrennt

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger, erstmals mit neuer Frisur, wies die Vorwürfe als von Krainer konstruiert zurück. Die Abgrenzung zwischen Regierungsarbeit und Parteiarbeit sei ihm sehr wichtig, so Hanger: "Wir sehen in beiden Ministerien, dass das eingehalten wurde". Die Vorwürfe seien also "haltlos". Überhaupt gehe es der Opposition lediglich um die Inszenierung, glaubt Hanger. Denn ursprünglich seien zwei Befragungstage zum Wirtschaftsministerium vorgesehen gewesen. Nach Schramböcks Rücktritt sei es plötzlich nur noch ein Tag gewesen.

Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper wiederum attestierte der ÖVP eine "maßlose Chuzpe". Schließlich habe es in Sachen Postenschacher kein Umdenken gegeben, Posten transparent zu vergeben. Als Belege führte sie etwa die Bestellung des ehemaligen Kärntner ÖVP-Wirtschaftslandesrates Ulrich Zafoschnig zum Geschäftsführer der Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes (Cofag) oder das Hearings für den Geschäftsführungsposten in der Rundfunk-und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR), bei dem laut Krisper topqualifizierte Kandidaten verhindert wurden, an.

Für Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli gehen am Mittwoch die "Aufräumarbeiten" nach der Amtszeit von Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) weiter. Sie erwartet sich einen "Intensiven Einblick" in das Wirtschaftsministerium. Etwa werde es um die Frage gehen, ob bei diversen Vergaben von Umfragen der Machtzirkel um Kurz mitgemischt habe, oder es Idee von Schramböck gewesen sei. Die Liste an "seltsamen Vorgängen" sei jedenfalls lang.

(APA)

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