Nationalrat

Corona-Impfpflicht wird abgeschafft

Die Impfpflicht ist aktuell via Gesetz verankert, aber per Verordnung ausgesetzt. (Symbolbild)
Die Impfpflicht ist aktuell via Gesetz verankert, aber per Verordnung ausgesetzt. (Symbolbild)(c) REUTERS (Jose Cabezas)
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In der heutigen Sondersitzung des Nationalrates soll die Impfpflicht gestrichen werden. Die Begründung: Omikron habe die Regeln verändert. Die Lage sei nun anders, betont der Gesundheitsminister.

Türkis-Grün schafft die Corona-Impfpflicht ab. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und ÖVP-Klubobmann August Wöginger kündigten einen entsprechenden Initiativantrag an, der noch heute im Nationalrat eingebracht werden soll. Anfang Juli soll er beschlossen werden.

Auch er habe eine Impfpflicht befürwortet, aber Omikron habe „die Regeln verändert“, sagt der Gesundheitsminister einleitend zu Beginn der Presskonferenz. „Die Impfpflicht wurde eingeführt unter anderen Voraussetzungen wie wir sie heute haben“, begann Rauch. Im November, als sie eingeführt wurde, habe man es mit der Coronavirus-Variante Delta zu tun gehabt. Diese sei sehr ansteckend gewesen, „mit 60 Prozent mehr Hospitalisierungen“. Es drohte die Überlastung des Gesundheitssystems, erinnerte Rauch. Und: „Österreich stand kurz vor dem Lockdown.“ Er wolle nochmals betonen, dass die Impfpflicht aus Sicht der Impfpflichtkommission aktuell „nicht verhältnismäßig“ sei.

„Die Impfpflicht bringt niemanden zum Impfen"

Rauch betont weiter: Österreich sei inzwischen in Europa alleine mit dem gewählten Weg, nachdem sich auch Italien mittlerweile gegen eine solche Regelung entschieden habe. Die Impfpflicht würde außerdem „niemanden zum Impfen bringen“, meint Rauch. Das habe er auch in seiner Heimat, dem Innviertel gemerkt, wo die Abneigung gegenüber der Impfung dadurch noch stärker gewachsen war. „Viele sind nicht mehr gemeinsam am Mittagstisch gesessen, haben keine Ausflüge mehr miteinander gemacht, nicht mehr miteinander gesprochen.“ Die Debatte um das Thema habe „tiefe Gräben“ in der österreichischen Gesellschaft aufgerissen. Ziel sei es, diese wieder zuzuschütten. Um eine erneute Einung der Gesellschaft zu ermöglichen, arbeite man einer entsprechenden Kampagne. Die Botschaft: „Wir brauchen jeden Millimeter an Solidarität und Zusammenhalt.“

Zudem würde die Impfpflicht sogar „grundsätzlich Impfwillige" daran hindern, sich einer Auffrischung zu unterziehen, sagt Rauch weiter. Aufgrund der fehlenden Freiwilligkeit würden sich viele Österreicherinnen und Österreicher „aus Prinzip“ gegen einen Stich entscheiden. „13 Prozent lassen sich trotz Impfpflicht nicht impfen – selbst, wenn das mit Strafe bedroht ist“, das würden Umfragen belegen. "Mit der Impfpflicht haben wir keine zusätzlichen Menschen zum Impfen gebracht.“ ÖVP-Klubobmann August Wöginger sieht das ähnlich: Wenn man etwas mit Pflicht anordne vom Staat, werde „bei manchen der Schalter umgelegt“. Es sei aber essenziell, auch im Hinblick auf die steigenden Zahlen, die Durchimpfungsrate so gut es geht zu steigern. Das Ziel sei nicht, mit der Impfpflicht Erfolge zu feiern, sondern vielmehr möglichst viele Ansteckungen zu verhindern.

„Wir müssen raus aus dem Katastrophenmodus"

Eigenverantwortung sei wichtig für ein gemeinsames Zusammenleben, betont Rauch weiter. Man müsse einen Modus finden, um auf „Dauer“ mit dem Virus zu leben und die Menschen zum Impfen zu bewegen. Dass sich die Regelung in Zukunft wieder ändern könnte, schließt Rauch nicht aus. Aber: „Wir müssen herauskommen aus dem Katastrophenmodus hin zu einer Phase mit dem Virus. Diese Wellen werden bleiben. Es geht darum, Corona-Erkrankungen zu verhindern, aber auch psychische Krankheiten zu verhindern. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, die Impfpflicht abzuschaffen.“

Eigenverantwortung beinhalte aber auch, sich und andere vor Ansteckung zu schützen. Daher sei es nach wie vor wichtig, Masken zu tragen, auf Desinfektion zu achten, sich testen zu lassen und impfen zu gehen. Auch der Grüne Pass werde vorerst bleiben. Das Aussetzen der Impfpflicht sei keine Entschuldigung, sich vor der Verantwortung zu drücken, meint der Gesundheitsminister. Man wolle aber „raus aus der Eskalation der Worte, hin zu einem klaren Umgang“.

Warum das Aus der Impfpflicht gerade jetzt komme? Ob dieser Schritt den nahenden Landtagswahlen in Tirol und Niederösterreich geschuldet sei, um gewissermaßen ein unliebsames Wahlkampfthema abgeschafft werde, wurde Wöginger gefragt. Seine durchaus schroffe Antwort: „Da sind mit ein paar Landtagswahlen ehrlich gesagt, herzlich wurscht, weil da haben wir eine Gesamtverantwortung für den Bund.“

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(APA/red.)

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